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dern auch die Tatsache, daß sich untern ihnen Aufnahmen antiker Bauwerke in Arles [FN 15: Heinz Kähler: Triumphbögen, in: Paulys Realencyclopädie der Classischen Altertumswissenschaft, Band VII, A 1, 1939, S. 415] befinden. Bis heute blieb die Frage, wer sich hinter dem "Anonymus Destailleur" verbirgt, unbeantwortet.

Wenn wir jetzt gesicherte Werke des Hugues Sambin neben Zeichnungen des "Anonymus Destailleur" stellen so soll damit die Frage angeschnitten und der Blick darauf gelenkt werden, ob nicht beide identisch sind. Ins Auge springend ist zumindest, daß das Kapitell der für den Duc de Mayenne errichteten Ehrensäule (Abb. 2) [FN 6 = kein Text!] die gleichen Formen aufweist wie die zeichnerischen Aufnahmen entsprechender Details vom Tempel der Minerva im Forum des Nerva und in den Diocletians-Thermen, Blatt 8, 9, 45, 68 (Abb. 3–4). Eine ähnliche Übereinstimmung ergibt sich zwischen dem gestochenen ionischen Kapitell von 156 (Abb. 5) [FN 7 = kein Text!] und den vergleichbaren Einzelheiten auf den Zeichnungen des Septimius-Severus-Bogens und des Triumphbogens des Septimius Severus am Forum Boarium auf Blatt 55 verso, 59 und 60 (Abb. 6–7). Eine stilistische Verwandschaft zeigt sich darüber hinaus bei der Konfrontierung der Kriegerfigur an der Konsole des Triumphbogens des Septimius Severus, auf Blatt 55 (Abb. 19) und dem gestochenen Hermen-Blatt von 1556 (Abb. 20) [FN 17: L'Oil 138, 1966, Abb. S. 21; Gazette des Beaux-Arts 7, 1892, Abb. S. 125.] und unter den "Termes", wo (Seite 10, 14, 15) änlich dicke Beine vorkommen. Nicht minder gut paßt die auf der verso-Seite der Sambin-Zeichnung im Louvre dargestellte Ornamentik (Abb. 10) zu den ebenso skizzenhaft und unsicher wirkenden Ornament-Aufnahmen in Blatt 45 verso (Abb. 11). Vergleicht man weiterhin den Adler in der Louvre-Zeicnung, R. F. 5628 verso, mit dem gezeichneten Adler auf Blatt 64 verso unseres Konvoluts, so ergibt sich die Möglichkeit, daß beide eine Hand prägte.

Durch solche Zusammenhänge gewinnt die zitierte Angabe des Archivars Boudot "Hugues Sambin … fut élève et ami de Michel-Ange …" insofern an Glaubwürdigkeit, als diese Überlieferung zwar nicht wörtlich genommen werden darf, aber doch auf eine Tätigkeit Sambins im Atelierbereich Michelangelos hinweist. Denn dessen Planungen für St. Peter und den Palazzo Farnese spiegeln sich in den Aufnahmeblättern des "Anonymus Destailleur" wider. Ist dieser tatsächlich mit Hugues Sambin identisch – was wir annehmen möchten –, so käme als Entstehungszeit für unsere Zeichnungen das Jahrfünft zwischen 1543 und 1548