Geymüller 1883
Eine der ersten Erwähnungen des Codex Destailleur D — wenn nicht sogar die erste überhaupt: es ist zumindest bisher keine frühere bekannt geworden — scheint diejenige bei Heinrich von Geymüller in seiner 1883 erschienenen Schrift über einige Zeichnungen zu den Agrippa- und Diocletians-Thermen sowie zum Pantheon zu sein:
„Signalons encore trois volumes de dessins relevés d'après les thermes de Dioclétien par un architecte de langue française et que M. Destailleur avait bien voulu nous fair voir. Il se trouvent aussi dans al partie de sa collection citée plus haut. Nous regrettons de n'avoir pas eu le temps de vérifier s'il y avait quelque corrélation entre cette série et les nombreuses et belles planches des thermes de Dioclétien publiées en 1558, à Anvers, par Hieron. Cock, d'après les dessins d'un architecte espagnol, Sebastianus ab Oya, et que nous avait signalées un architecte distingué, M. Brune, qui s'est beaucoup occupé de ces thermes.“ [Geymüller 1883, S. 41f.]
Angesichts der geringen Beachtung, die der Codex Destailleur D bisher gefunden hat, verwundert es nicht, dass die hier von Geymüller erwähnt Nähe bzw. mögliche Verbindung zu dem grossen Stichwerk über die Diocletians-Thermen von Hieronymus Cock seit Veröffentlichung dieser Zeilen nicht untersucht wurde. Es scheint sich nur ein vollständiges Exemplar des Stiches in der Pariser Nationalbibliothek erhalten zu haben: Obwohl der Stich laut Cocks Angaben auf den Spanier Oya zurück geht, kann angenommen werden, dass seine zeichnerischen Vorlagen im zeitlichen Umfeld des Codex Destailleur D und seines Umkreises anzusiedeln sind, vielleicht sogar im Rahmen derselben Vermessungskampagne entstanden sein könnten.
Im selben Artikel Geymüllers findet sich auch die vermutlich erste Veröffentlichung einer Zeichnung aus dem Codex Destailleur D: Die Fig. III zeigt das Faksimile eines Ausschnittes von Bl. 73, das die im 16. Jahrhundert teilweise noch vorhandenen Dekorationen im Tambour und im oberen Bereich des Umgangs von St. Costanza in Rom dokumentiert und von Geymüller mit "Fragments des Mosaiques de Saint-Costance. (Berlin. Cabinet des Estampes)" betitelt wird. Bemerkenswert ist an diesem Hinweis Geymüllers, dass er die Zeichnung — und damit offensichtlich den gesamten Codex — als in Berlin liegend benennt. Damit wird jedoch deutlich, dass Geymüller nicht nur den ursprünglichen Band III des Codex Destailleur D eingesehen haben muss, der die Zeichnungen zu den Thermenanlagen enthielt, sondern ebenso den Band II. [Zu den Inhalten der ursprünglichen Bände vgl. den Abschnitt zur ursprünglichen Anordnung der Bände] mit den Aufnahmen weiterer antiker Bauten, welcher wiederum u.a. mit den heutigen Blättern 86, 92 und 93 auch Darstellungen von Sangallos St.-Peter-Projekt enthielt. Da diese jedoch selbst für einen ausgewiesenen Kenner des Baus und seiner frühen Planungsgeschichte nicht auf den ersten Blick als solche identifizierbar gewesen sein dürften, erscheint es möglich, dass Geymüller sie übersah. Weniger wahrscheinlich ist jedoch, dass er nur die ursprünglichen Bände II und III durchgesehen, ausgerechnet den Band I mit den St.-Peter-Zeichnungen jedoch übersehen oder übergangen haben sollte.