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Letarouilly 1882

[Letarouilly 1882] = Letarouilly, Paul: Le Vatican et la Basilique de Saint-Pierre de Rome. Monographie mise en ordre et complétée. — Paris: 1882.

Das 1882 posthum erschienene, aufwendige Stichwerk über den Vatican von Paul Letarouilly enthält u.a. sechs Tafeln (Bd. 1, Pl. 17–22) mit Stichen, die das Modellprojekt Sangallos in herausragender Klarheit und Detailgenauigkeit zeigen. Obwohl der Verfasser (oder aber der Stecher) in einer Note auf Pl. 20 behauptete, dass ihm nur das Modell, die Salamanca-Stiche und die Zeichnungen Sangallos als Vorlagen gedient haben, deuten besonders die Qualität und Genauigkeit der Detaildarstellungen auf weitere Quellen hin, wofür vor allem die Uffizien-Zeichnungen in Frage kommen, jedoch nicht nur diese allein:

„Na. Les caissons de'l intérieur de la Coupole ne sont pas tracés par le Modéle; ils ont été indiqués d'aprés une gravure exécutée en 1548 sous la direction d'Antonio Labacco et sur les dessins de son maitre Antonio da Sangallo.“ [Letarouilly 1882,  Bd. 1; PL. 20] 

In diesem Sinne scheint zumindest die zitierte Anmerkung auslegbar: Dass für die Wiedergabe der Kassettierung der Kuppel nicht nur die unter Labaccos Anleitung ausgeführten Stiche herangezogen wurden, sondern ebenso Zeichnungen Sangallos, ist zumindest zweifelhaft, da in den erhaltenen Uffizienzeichnungen Sangallos, die Letarouilly in Florenz eingesehen hatte, keine Hinweise auf die Kassettierung erhalten sind. Sie scheint Letarouilly also für die anderen Details herangezogen zu haben, die weder dem Modell noch den Stichen in jener Deutlichkeit und Genauigkeit zu entnehmen sind, die seine eigenen Abbildungen auszeichnet. 

Zu vermuten bleibt dabei jedoch, ob Letarouilly möglicherweise andere Zeichnungen als diejenigen in den Uffizien gekannt und als solche von Sangallos Hand angesehen haben könnte — bspw. diejenigen des Codex Destailleur D. Denn die von Letarouilly wiedergegebenen und z.T. ergänzten Details der Ordnungen und Schmuckformen des Projekts können kaum nur auf das Modell selbst und die Stiche zurück gehen. Da sie zudem nur sehr geringfügige Abweichungen zu den Zeichnungen des vorliegenden Codex aufweisen und dieser sich zu Letarouillys Lebzeiten vermutlich schon in Paris befunden haben dürfte, scheint es berechtigt, eine Kenntnis derselben seitens des Verfassers zu vermuten.

Klarheit in dieser Frage könnte erst eine intensivere Beschäftigung mit Letarouilly und seinem Werk erbringen als sie im Rahmen der Vorbereitungen für die vorliegende Arbeit in Berlin, Rom und Florenz zu leisten möglich war: Deren Interesse musste vorerst den Zeichnungen selbst und ihrer Beziehung zum Planungsprozess des Sangallo-Umkreises gelten, nicht aber ihrer (möglichen) Rezeption.