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Dietrich Erben: "Architekturtheorie"
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In die Formierung der A. als Wissensystem schalteten sich erst am Ende der Epoche, aber umso erfolgreicher für die Zukunft die Akademien ein. Schon früher als Künstler anderer Sparten schufen sich Architekten und Gelehrte mit der 1542 gegründeten Vitruvianischen Akademie (Akademia della Virtù) in Rom eine akad. Organsiation [13]. Sie legte sich ein anspruchsvolles Publikationsprogramm arch.theoretischer Werke auf, das der Humanist Claudio Tolomei im Gründungsjahr [sic!] in einem Brief an Agostino Landi [sich!] bis ins Detail formulierte (14.11.1542, gedr. in: Delle lettere di M. Claudio Tolomei libri sette, Venedig 1547, fol. 81–85). Vorgesehen waren insgesamt 20 [sic!] Schriften; jeweils die Hälfte sollte der A. und den antiquitates (»Altertümern«, d.h. der ant. Kulturgeschichte [sic!]) gewidmet sein. Hauptanliegen der ersten Abteilung war die umfassende Erschließung von Vitruvs Traktat (Kommentare, Lexika zur Terminologie, Edition, ital. Übersetzung). Geplant waren zudem ein illustriertes Lexikon zu den Säulenordnungen sowie Publikationen und Schriften zur ant. Topographie Roms.
Das Programm kam offensichtlich in enger Zusammenarbeit von Architekten und Philologen zustande; seine Realisation gelangte zwar über die Anfänge nicht hinaus, blieb aber für die Studien der nächsten Jahrzehnte einflussreich. [Die nicht erfolgte Realisation oder nicht doch eher das Programm selbst? – BK] Aus den Forschungen ging die kommentierte Vitruv-Edition von Guillaume Philandrier (Lyon 1552) hervor. Die Vorarbeiten für die Säulenlehre Vignolas reichen in die Jahre seiner gemeinsamen Tätigkeit mit Antonio da Sangallo d.J. und Pirro Ligorio an der Vitruvianischen Akademie zurück.