Haller, Organismus [abstract]
Abstract: Von der Zelle zum Organismus: Zur Aktulaität der Bausysteme Fritz Hallers
Das vor 50 Jahren vom Schweizer Architekten Fritz Haller für die Firma USM entwickelte Möbel- Stahlbausystem gehört längst zu den Klassikern der Moderne. Trotzdem sind seine anderen Systeme selbst unter Architekten kaum noch bekannt: Diese bildeten selbst ein übergeordnetes System, in welchem das Möbelbausystem nur die maßstäblich kleinste Iteration darstellte. Es fügte sich in Maßen und Proportionen in das kleinste Stahlbausystem, MINI ein, welches für kleinere Bauaufgaben wie Privathäuser oder Büropavillons gedacht war und genutzt wurde. MINI selbst war wiederum mit den Systemen MIDI für mehrgeschossige Verwaltungsbauten und MAXI für Industriebauten kombinierbar. Nach Hallers Motto: „Der Neubau ist nur ein Sonderfall des Umbaus“ waren alle Bauten und Projekte, die Haller mit diesen Systemen entwickelte, prinzipiell nahezu beliebig in der Horizontalen und – mit Einschränkungen – auch in der Vertikalen erweiter- und veränderbar. Man könnte sie daher am ehesten mit sog. ‘zellulären Organismen’ vergleichen, die auch Grundlage des von Haller über Jahre verfolgten Forschungsprojektes Probleme des Fügens darstellten. Dabei wurden mit mathematischen Methoden Kombinationsmöglichkeiten von Bauelementen erforscht, die sich beliebig und unter minimalem Aufwand bei geringstmöglicher Anzahl der Einzelelemente aneinander fügen lassen sollten. Doch Hallers Forschungen betrafen nicht nur Einzelbauten, sondern mehrfach auch Projekte für Stadtviertel und Städte, in denen die Wiederholung einzelner Zellen und Zellenkomplexe ebenso thematisiert wurde, wie ihre Vernetzung in verkehrstechnischer und energetischer Hinsicht zu technischen ‘Organismen’. In den beiden Auflagen seines Buches Totale Stadt entwickelte er Modelle für vernetzte Agglomerationen von Städten, die sich in der zweiten Auflage sogar über den ganzen Globus erstreckten: Ihre Hauptmerkmale waren ein zellulärer Aufbau sowie die bestmögliche ökonomische Vernetzung aller Teilsysteme auf den allen Ebenen. Ergänzt wurden diese zellulären, beliebig erweiter- und umbaubaren sowie miteinander kombinierbaren Systeme später durch die Software „Armilla“, mit welcher die Installation hochintegrierter Bauten weitestgehend automatisiert erfolgen konnte: Auch dabei entstanden Formen, die an Nervensysteme oder Blutkreisläufe erinnern – strukturell und funktional sich also ebenfalls zu natürlichen Vorbildern in Beziehung setzen lassen. Obwohl Hallers Systeme sich nicht bewusst mimetisch an natürliche Vorbilder anlehnen, kommen sie doch aufgrund gleicher ‘Aufgaben’ zu strukturell sehr ähnlichen Lösungen. Denn neben strukturellen Eigenschaften interessierten Haller bereits vor der Veröffentlichung der Grenzen des Wachstums intensiv Nachhaltigkeit, Wiederverwendbarkeit und Energiebilanz von Materialien und Systemen. Dies sollte seinem Denken vor dem Hintergrund neuester technischer und sozialer Entwicklungen erneut Interesse sichern.