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Teilaufriß der Außenwand und architektonische Details vom Colosseum in Rom, mit zahlreichen Maßangaben und Buchstabenmarkierungen. Oben nachträglich beschriftet "Le Colysee". – Feder in Braum über Graphit, 573 x 433 mm; ehem. in d. Slg. Destailleur, 1879 erworben, HdZ 4151, Bl. 19; Berckenhagen, 1970, S. 23 ff. m. Abb. und Literaturnachweisen. 

Das wohl bedeutendste Bauwerk aus römischer Zeit in Rom wurde 60 n. Chr. fertiggestellt. Die Abmessungen des Colosseums betragen außen 188 x 156 und 86 x 54 m. Darin fanden ehedem Sportwettkämpfe, Wagenrennen, Tier- und Gladiatorenkampfspiele statt. Seine bis in die Gegenwart erhaltenen Bauformen haben seit der Renaissance, Maßstäbe setzend, auf die Architekten eingewirkt. Frankreichs bedeutendste kamen fast alle im 16. Jahrhundert nach Rom, so Jacques Androuet Ducerceau (siehe hier Nr. 19), Philibert De L'Orme (siehe hier Nr. 13), Jean Bulland und Pierre Lescaut (siehe hier Nr. 69). Wenn man bedenkt, daß um 1520 von den etwa 50.000 Bewohnern Roms ca. 2000 Franzosen waren, wird es verständlich, daß auch andere französische Künstler, Maler, Bildhauer und Stecher, dorthin enge Kontakte unterhielten. Von letzteren kamen 1540 bzw. 1544 Nicolas Béatrizet und Antoine Lafréry in die Ewige Stadt. Lafrérys "Speculum Romanae Magnificentiae" (1544/77; vgl. OS 2561 m = 267 Bll.) gehört zu den gesuchtesten Romansichten-Werken. Und vor Lafréry hatte schon Jacques Prévost aus Gray (dem Geburtsort Sambins) antike Fragmente und Romaufnahmen 1535/37 in Stichen veröffentlicht. - Allgemein ist in jenen vom Humanismus geprägten Jahren das Interesse für die Antike und ihre Zeugnisse wach. Es sprechen dafür die Zeichnungen (und Rekonstruktionen) eines Giovanni Antonio Dosio oder des Antonio Labacco ebenso wie die des Antonio und Giuliano da Sangallo (siehe hier Nr. 4), des Serlio (siehe hier Nr. 7), des Vignola (siehe hier Nr. 22) oder des Fra Giocondo. Von deren Aufnahmen unterscheiden sich die Blätter des "Anonymus Destailleur" (insgesamt sind es 120; siehe Berckenhagen, 1970, S. 23 ff.) nur graduell. Da einige berliner Zeichnungen sogar verschiedene französische Beischriften tragen, die offenbar vom Zeichner der Blätter stammen (so auf Blatt 18 und 17, die flüchtigere Aufnahmen des Colosseums tragen und wohl die Grundlage für die hier nun ausgestellte "Rein"-Zeichnung bildeten), kommt für sie ein Franzose in Betracht. Wir möchten in ihm Hugues Sambin sehen, weil diverse Einzelheiten in den Stichen und Holzschnitten Sambins mit Details der berliner Zeichnungen zusammengehen. Einige scheinen überdies verwandt zu sein mit dem "H. Samb." signierten Skizzenblatt im Louvre (R. F. 5628; vgl. Berliner Museen 19, 1969, S. 68, Abb. 9, 10). - Ein Aufenthalt Sambins in Rom ist urkundlich vorerst nicht belegt, aber wegen der (nur aus der Luft gegriffenen?) Überlieferung, er sei "... élève et ami de Michel-Ange ..." gewesen, naheliegend, ja zumindest vor 1548 möglich.

200 Französische Meister-Zeichnungen 1530 – 1830, Kat.-Nr. 5(o.S.) HUGUES SAMBIN Nach 1520 – 1601/02. Architekt 5: Hdz 4151, Blatt 19 Teilaufriß der Außenwand und architektonische Details vom Colosseum in Rom; aufgenommen wohl 1543/48. – Feder in Braun über Graphit, 573 x 433; Dest. -