recto: Schnitte durch diverse Räume
TECHNIK: breite Feder in Braun, dünnere Feder in Hellbraun, teilweise über Graphitvorzeichnungen; ohne Hilfsmittel
NUMERIERUNG / POSITION:
„88.“ / am linken Rand des linken Blattes, mittig 90° links
„87.“ / am linken Rand des rechten Blattes, 90° links
„89“ / oberer Rand des linken Blattes, mittig
„89“ / linke obere Ecke des rechten Teilblattes, 90° links
BEISCHRIFTEN / POSITION:
1. „sfemina“ / am oberen Blattrand des linken Teilblattes, rechts von der Mitte; 90° rechts
2. „uforma“ / am oberen Blattrand des linken Teilblattes, rechts von der Mitte, 90° rechts
3. „Simon Trauail / Simon Trauail vous Peult donner Plaisir / Reservant daultre Plus de contanteme(n)t“ / in der rechten oberen Ecke des linken Teilblattes, 90° rechts
Kommentar: Bei diesen beiden Beischriften fällt ihre saubere und ordentliche, regelmäßige Ausführung auf, die nicht dem sonst sehr flüchtigen Charakter der anderen Beischriften gleicht.
Eine mögliche Übersetzung der offensichtlich unvollständigen, daher als Satz nur hypothetisch zu vervollständigenden Beischrift (3.) könnte sinngemäß lauten: „Wenn Ihnen meine Arbeit gefallen hat, reservieren Sie mir weitere ...“ Damit könnte einerseits ein möglicher Auftraggeber angesprochen sein, dem die vorliegenden Blätter vielleicht als eine Art Arbeitsprobe übergeben wurden.
Eine gänzlich andere Interpretation erscheint jedoch vor dem Hintergrund der zeitgenössischen französischen Chanson denkbar, in der eine dann natürlich poetisch verfremdete Deutung der „travail“ durchaus gängiger Liebeslyrik – allerdings eher des späten 15. Jahrhunderts – entspräche. Es könnte sich bei den Zeilen also auch um den Anfang einer Strophe einer solchen, womöglich sehr viel älteren Chanson handeln. Gegen diese Interpretation kann lediglich angeführt werden, dass ein entsprechender (eventuell vertonter) Text in der kursorisch konsultierten Literatur zur französischen Dichtkunst des 15. und 16. Jahrhunderts bisher nicht nachgewiesen werden konnte. Fraglich bliebe dabei ohnehin, wieso der Zeichner diese Zeilen auf einer Antikenstudie, noch dazu in sorgfältiger Handschrift, notiert haben sollte.
Dementsprechend scheint der ersten hier vorgeschlagenen Interpretation der Vorrang einzuräumen zu sein. Die Beischrift wäre damit ein starkes Indiz für die hier vertretene These, dass es sich bei den Antikenstudien des Codex Destailleur D und seines Umfelds nicht um eigenständige Arbeiten des Anonymus Destailleur und einiger Mitarbeiter handelt, sondern diese auf Anregung vermutlich sogar französischsprachiger Auftraggeber entstanden.
25.1.1 Hauptzeichnung: Schnitt durch den Kernbau entlang der Mittelachse
POSITION: gesamtes Blatt;
BEISCHRIFTEN / POSITION:
1. „bagni maior“ /innerhalb des Kuppelraums links; in Bleistift aber vom Zeichner;
2. „Salla“ / im mittleren Hauptraum, im Durchgang der in Aufriss sichtbaren Seitenwand
3. „pilastre /de lastre“ / im rechten Raum rechts außen; am Pilaster der in der Aufrissskizze der Seitenwand sichtbaren Kolonnade
4. „mesure propria“ / in der ganz rechts außen im Schnitt dargestellten Außenwand, 90° rechts
Kommentar: Die weitgehend mit Feder freihändig ausgeführte Darstellung zeigt einen Schnitt entlang der Mittelachse durch die Haupträume [?]. Lediglich der links befindliche Kuppelraum ist nur in Bleistift ausgeführt und zeigt an seiner rechten Wand einen Springbrunnen mit flacher Schale auf einem Sockel. In den nach rechts anschließenden Räumen sind zunehmend Maßangaben für Vertikalmaße vorhanden, am rechten Rand dann sogar auffallend viele für eine zweigeschossige Säulenordnung mit flachen Wandnischen, die von kleinen Säulen gerahmt werden. Dort erscheinen auch zusätzliche Notizen „pilastro / delaltro“ am Pilaster der den Raum durchquerenden Kolonnade und „mensure propria“ für die Entfernung der Unterkante der Nische im unteren Geschoss von der Oberkante der Nische im Obergeschoss. Im dritten großen Raum von links, in dem vor die Wand gestellte Säulen mit hinterlegten Pilastern ein offenbar in der Seitenansicht wiedergegebenes Tonnengewölbe tragen, steht im Durchgang der Wand „salla“. Zur Darstellung der Wölbungen benutzt der Zeichner ausgiebig Schraffuren, die aber sehr unregelmäßig und oft mit kurzen Strichen ausgeführt sind.
Die folgenden Teilzeichnungen [25.1.2] und [25.1.3] sind auf dem Verso in [25.3.5] und [25.2.6] wiederholt:
25.1.2 Schnitt durch einen halbkugelförmigen Raum: Exedra der Umfassungsbauten
POSITION: in der rechten oberen Ecke des linken Teilblattes;
Kommentar: Die Schnittdarstellung scheint auf dem Hauptsaal der Darstellung [a] aufzusitzen, meint aber sicherlich nicht eine Gliederung des Dachbereiches, sondern stellt einen offenbar halbkreisförmigen, von einer halben Kalotte überwölbten, sehr großen Raum in einem anderen Maßstab dar, vor dessen Eingangswand eine Porticus liegt. Die Zeichnung ist mit dünner Feder und auffallend lockerem Strich ausgeführt.
25.1.3 Schnitt durch einen großen flach gedeckten Raum
POSITION: rechts neben [b], oberhalb von [a];
BEISCHRIFTEN / POSITION:
1. „couverts de boys“ / unterhalb der Raumdecke
2. „prunne / filherc“ [?] / an der rechten Seitenwand, 90° nach links
Kommentar: Auch diese Zeichnung ist durch leichten Strich mit dünner Feder charakterisiert; ihre Position legt ebenfalls nahe, dass der dargestellte Raum sich auf dem Dach der Hauptsaales befindet, aber Überschneidungen zwischen den beiden Teilzeichnungen schließen dies wohl aus. So zeigt die Skizze im unteren Bereich offenbar das Hypokaustensystem des dargestellten Saales, der laut Aufschrift von einer hölzernen Flachdecke geschlossen zu sein scheint: „couuers de boys“. Eine weitere kleine Beischrift an der rechten Wand lautet: „prunnere / filhere“ [?]
25.1.4 Skizze einer Säule mit Höhenangabe
POSITION: rechtes Teilblatt oben mittig, 90° links;
Kommentar: Die Skizze bezieht sich auf die nebenstehende Darstellung [25.1.5], wo der hier benutzte Verweisbuchstabe „B“ in der Wand des Treppenschachtes erscheint. Die Höhe des hier wiedergegebenen Säulenschaftes ist mit „p 22 - o10“ angegeben.
25.1.5 Schnitt durch eine überwölbten Raum mit angrenzender Wendeltreppe
POSITION: rechte obere Blattecke, 90° links;
BEISCHRIFT / POSITION:
1. „Taz de charge“ / innerhalb der Zeichnung, 180°;
Kommentar: Die Darstellung zeigt skizzenhaft aber mit relativ vielen Maßen den Schnitt durch einen hohen, überwölbten Raum, in dessen Außenwand eine Treppenspindel eingebaut ist, die allerdings quadratisch zu verlaufen scheint, nicht kreis- bzw. schneckenförmig. Die Höhe des Raumes selbst ist nicht angegeben, wird aber durch zwei Vertikalmaße ungefähr deutlich: vom Boden bis zur Unterkante eines mit „lume“ bezeichneten Fensters sind es „p44 - o4 - ø6“; vom Boden bis zu einem mit„Tas de charge“ bezeichneten Punkt sind es „p51 - o6 - ø6“. Zur Treppe selbst findet sich unterhalb der Zeichnung eine mit „H“ bezeichnete Skizze der Treppenstufen am Eingang im Schnitt sowie rechts neben der Zeichnung eine mit „A“ bezeichnete Skizze zum Grundriss der Treppe; beides mit Maßangaben.