verso: St. Peter: Schnitt des Daches, Eingang zum oberen Umgang

81.2   Schnitt des Daches / Eingang zum oberen Umgang

 




[81.2.1]         [81.2.2]









Vorbemerkung: Beide Skizzen sind offensichtlich als Ergänzung des auf dem Recto Wiedergegebenen intendiert: Während aber die Schnittdarstellung des Daches über dem Kreuzarm in den wenigen Maßangaben mit der unvollständigen Darstellung auf dem Recto übereinstimmt und somit nur als Präzisierung bzw. Ergänzung der dort aus Platzmangel unterbliebenen Details aufgefasst werden kann, weicht die Darstellung der Eingangswand des Obergeschossumganges erheblich von der ebenfalls nur skizzenhaften Version des Recto ab. Daraus lässt sich die wichtige Schlussfolgerung ableiten, dass vermutlich beide Zeichnungen in engem zeitlichen Abstand zum Recto entstanden, dass aber noch in dieser weit fortgeschrittenen Phase des Entwurfes wesentliche Details geändert werden konnten. Dies ist nicht nur ein weiteres Indiz für die Anwesenheit und indirekte Beteiligung des Zeichners am Planungsgeschehen, sondern vor allem auch ein interessanter Hinweis auf die offenbar z. T. kurzfristige Planungstätigkeit im ‘Architekturbüro’ Sangallos.

 

81.2.1 Schnitt der Dachzone mit Maßangaben

POSITION: oberes Drittel der linken Blatthälfte
TECHNIK: freihändige Feder in Braun
HAND: AD
MASSANGABEN / GRUNDMASS: „p 12 1/6“ / palmo romano bzw. palmo del modello
MASSSTAB: Aufgrund deutlicher Maßstabsunterschiede innerhalb der oberflächlichen Skizze erscheint selbst die Angabe eines Schätzwertes kaum möglich.
Kommentar: Die Position des Skizze in der linken oberen Ecke des Blattes macht deutlich, dass sie lediglich als Ergänzung, nicht jedoch als Teil einer nach links fortzusetzenden Zeichnung mit dem Querschnitt des gesamten Daches angelegt wurde, da der Zeichner sich hierfür ansonsten mehr Platz hätte lassen müssen.

Die Skizze ist offensichtlich vor allem zum Nachtrag derjenigen Informationen gedacht, die zum Dachbereich auf dem Recto fehlen; dadurch wird sehr deutlich, wie das Blatt einem Funktionswandel unterworfen wurde: War es zuerst – darauf deutet die Lavierung des unteren Umgangs auf dem Recto – wohl eher zu Präsentationszwecken angelegt worden, so wird es durch diese Ergänzung zum Arbeitsblatt, auf dem der Zeichner Details mit Maßangaben für die eigene Arbeit festhält. Hier ist die Dachgaube über dem Lichtschacht für die Fenster in der Apsiskalotte mit aller Detailliertheit, die in einer Skizze möglich ist, wiedergegeben, wobei hier im Unterschied zum Recto auch klar erkennbar wird, dass die Gaube die Lichtschachtöffnung zumindest teilweise überfangen soll.

Die Darstellung reicht bis zum Fußpunkt des Kuppeltambours und enthält dabei auch eine Skizze der untersten Balustradengalerie, hier allerdings ohne Maßangaben. Daneben sind aber die Deckenstärken für die einzelnen Bereiche des Kreuzarmgewölbes notiert. Ein bemerkenswertes Detail ist das wohl nur hier angegebene Maß für die horizontale Ausdehung des Tambours gegenüber dem Kuppeltragbogen: Nach dem hier angegebenen Maß ragt jener um „p 17 2/3“ – also rund 3,95 m – über diesen hinaus!

Die detaillierte Wiedergabe der Dachgaube mit ihren Maßen lässt sich als weiteres Indiz für die Annahme ansehen, dass die Planungen nicht nur für das Modell erfolgten, denn gerade für dieses ist es überhaupt zweifelhaft, ob das Dach jemals ausgeführt wurde – und selbst im Ausführungsfalle wäre eine derart detaillierte Planung für die kaum sichtbaren Gauben offenkundig übertriebene Genauigkeit.

 

81.2.2 Skizze der Stirnwand im Obergeschossumgang

POSITION: im rechten oberen Blattviertel
NUMERIERUNG / POSITION: keine
TECHNIK: freihändige Feder in Braun
HAND: AD
BEISCHRIFT / POSITION: „al fondo in mese delcor[i]tor alResal 34 1/3“ / rechts innerhalb der Zeichnung
MASSANGABEN / GRUNDMASS: „p 3 1/12“ / „palmo del modello
MASSSTAB: ungefährer Gesamtmaßstab der Zeichnung: 1 : 80
 

 








Beispielwerte
palmi
mm Maßstab














lichte Weite des Umgangs 34 1/3 = 95 1 : 81







lichte Höhe des Umgangs 56 [—] = 160 1 : 82







lichte Höhe der Nische 49 1/2 = 130 1 : 85







lichte Höhe des Eingangs 20 [—] = 60 1 : 74







Kommentar: Wie die Beischrift verdeutlicht, zeigt die Skizze offenbar die Stirnwand des Obergeschossumgangs, der hier jedoch – im Unterschied zur Darstellung auf dem Recto – mit einer apsisartigen Nische über halbkreisförmigem Grundriss mit Kalotte geschlossen wird. Im Zentrum der Nische befindet sich ein Durchgang, dessen Fußbodenniveau jedoch mit „p 5 1/6“ noch höher über dem des Umgangs liegt, als dies auf dem Recto der Fall ist. Eine weitere Öffnung oder Nische darüber, die wie auf dem Recto das Kämpfergesims durchbricht, fehlt hier. Insofern stellt die vorliegenden Gestaltung eine deutliche Vereinfachung dar.

Am Modell erscheinen beide Varianten und zwar erscheint die aufwendigere Lösung – ähnlich wie im Falle der Gliederung der Seitenwände für die Umgangseingänge im Erdgeschoss – nur am Südarm, während alle anderen Kreuzarme die einfachere, in der vorliegenden Zeichnung wiedergegebene Version zeigen.

Die Maßwerte der einzelnen Zeichnungen, die diesen Bereich zeigen, weichen z. T.  erheblich voneinander ab:

 

 










Wert (alle Angaben in palmi)
Bl. 81v
Bl. 81r
Bl. 78r
Bl. 83r


















lichte Weite des Eingangs 7 1/2 7 2/3 7 1/2









Niveau-Unterschied Eingang/Umgang 5 1/6 3 [—] 4 1/2









lichte Höhe der Nische 49 1/2 48









lichte Höhe des Umgangs 56 56









 

In der Anordnung und den Maßangaben für die Pilaster der Kämpferordnung gibt es in der vorliegenden Zeichnung einen auf beiden Seiten wiederholten Widerspruch in den Angaben: Während die Gesamtbreite der doppelten Pilaster vor der Wand mit „p 2 1/4“ angegeben ist, steht darüber für den Abstand des äußeren Pilasters zur Wand – also für einen Teilwert dieser Angabe – „p 3 1/12“! Dieser Fehler mag ein Indiz dafür gedeutet werden, dass die vorliegenden Skizze einer noch nicht abgeschlossenen Planung entspricht.

Neben der Skizze findet sich eine Addition, die – trotz eines abweichenden Wertes – offenbar der Ermittlung der lichten Gesamthöhe des Umgangs dient:

 

 

41 [unklar]
49 1/4 [lichte Höhe der Halbrundnische]
5 1/6 [Höhe der Sockelzone]
3 1/12 [Breite eines Pilasterschaftes?] 48
8 1/4 86
1

 

Der Wert „8 1/4“ ist offenbar zugleich Summe aus „5 1/6“ und „3 1/12“ sowie Differenz zwischen „41“ und „49 1/4“. Warum diese anscheinend nicht alle zusammen gehörigen Werte hier jedoch zusammengefasst wurden, bleibt unklar.

 

Weiter Additionen am rechten Blattrand sind aufgrund der Beschneidung bzw. der Überdeckung durch Papierstreifen zur Befestigung im Passepartout nicht zu lesen.

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