recto: St. Peter: 12-palmi-Ordnung, Turmgeschoss-Ordnungen
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linke Blatthälfte
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[91.1.1.1] | [91.1.1.2] | [91.1.3.1] | [91.1.4.1 | |||
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[91.1.2.1] | [91.1.4.3] | [91.1.4.4] | ||||
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[91.1.1.3] | [91.1.3.2] | [91.1.4.2] | ||||
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[91.1.2.2] | ||||||
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[91.1.2.3] | ||||||
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Vorbemerkung: Die Verteilung der Zeichnungen auf die beiden Blatthälften macht deutlich, dass diese vom Zeichner getrennt angelegt und bearbeitet wurden, die Faltung des Blattes in der Mitte also aller Wahrscheinlichkeit nach schon auf ihn selbst zurück geht. Die Vereinigung der beiden nicht zusammengehörigen Gruppen von Ordnungen legt zudem nahe, dass sie ursprünglich durch zwischenliegende Blätter getrennt waren, zu denen jeweils eine größere inhaltliche Nähe bestand: Dies waren – nach Lage der vom späteren Besitzer vorgenommenen Numerierungen – zumindest seit der Bindung des Codex Destailleur D die Blätter 81 und 113.
91.1.1 Kapitell der 12-palmi-Ordnung
Diese Gruppe der auf die große 12-palmi-Ordnung des Innenraums bezogenen Zeichnungen nimmt die gesamte linke Blatthälfte ein. Die Anordnung besonders der Kapitell-Detailzeichnungen sowie ihr um das Verhältnis 1 : 30 schwankender Maßstab legen nahe, dass der Zeichner auf eine ähnliche Vorlage zurückgreifen konnte.
NUMERIERUNG / POSITION: „6“ / in der linken unteren Ecke des Blattes, 180° gedreht
91.1.1.1 Aufriss des Kapitells
POSITION: linkes oberes Viertel der linken Blatthälfte
TECHNIK: freihändige, dünne Feder in Braun; Graphitvorzeichnungen
HAND: AD
MASSANGABEN / GRUNDMASS: „p 4 7/12“ / „palmo del modello“
MASSSTAB: ungefährer Gesamtmaßstab der Zeichnung: 1 : 311
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Beispielwerte |
palmi
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mm | Maßstab | |||
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Schaftbreite | 12 | [—] | = | 80 | → | 1 : 34 |
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Höhe eines mittleren Akanthusblattes | 8 | 1/4 | = | 65 | → | 1 : 28 |
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Höhe des Kapitellkörpers ohne Deckplatte | 13 | [—] | = | 90 | → | 1 : 33 |
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Breite eines unteren Akanthusblattes | 5 | 1/2 | = | 35 | → | 1 : 35 |
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Kommentar: Die freihändig über Vorzeichnungen ausgeführte Skizze zeigt in detaillierter, annähernd orthogonalperspektivischer Ansicht das Kapitell eines Pilasters, wobei dessen Plastizität durch Schraffuren in den oberen Bereichen angedeutet wird. Die Zeichnung enthält sehr viele Detailmaße zu den einzelnen Elementen des Kapitells wie Akanthusblättern und Voluten sowie Blattstengeln. Die Maßangaben reichen bis zur Genauigkeit von einem Zwölftel-palmohinab. Da am ausgeführten Bau sicher noch genauere Maße abnehmbar gewesen wären, spricht dies ‘Beschränkung’ für die These, dass der Zwölftel-palmo (resp. die oncia) als Grundmaß der gesamten Planungen behandelt wurde. Für eine Ausführung durch die Modelltischler wiederum sind diese Maßangabe offensichtlich viel zu genau, da sie mit ca. 0,6 mm sicherlich unterhalb der mit damaligen Mitteln sinnvoll zu reproduzierenden Werte liegen.
Aufgrund der genauen Maßangaben, die sich m. W. sonst in keiner zeitgenössischen Zeichnung finden, ließe sich möglichweise nicht nur der ursprüngliche Entwurf Bramantes rekonstruieren, der ansonsten nur in der maßstäblichen Uffizienzeichnung U 6770 A erhalten ist, sondern vor allem auch in einer Bauaufnahme prüfen,2 wie groß die Abweichungen unter den ausgeführten Kapitellen sind bzw. welche den hier gegebenen Maßen entsprechen, also mit hoher Wahrscheinlichkeit aus der Amtszeit Sangallos stammen dürften. Natürlich wäre auch ein Vergleich mit den Kapitellen des Modells erforderlich, um eventuelle Abweichungen zu dokumentieren, die wiederum Aufschluss über die Datierung der vorliegenden Zeichnung(en) geben könnten.
Fraglich bleibt, warum der Zeichner, der vermutlich zuerst die saubereren Zeichnungen auf dem Verso ausführte, nicht sämtliche Teilzeichnungen zur großen Innenordnung auf einer Blattseite vereinigte, um so einen Gesamtüberblick über diese zu erhalten. Die jetzt vorliegende Anordnung scheint nur sinnvoll wenn man annimmt, dass sich das Blatt schon vor der Anfertigung der Zeichnungen in einer Bindung befand.
91.1.1.2 Schnitt durch die Ornamentschicht des Kapitells
POSITION: rechte obere Ecke der linken Blatthälfte
TECHNIK: freihändige dünne Feder in hellem Braun über Graphitvorzeichnungen
HAND: AD
MASSANGABEN / GRUNDMASS: „p 2 5/6“ / „palmo del modello“
MASSSTAB: ungefährer Gesamtmaßstab der Zeichnung: 1 : 27
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Beispielwerte |
palmi
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mm | Maßstab | |||
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Gesamthöhe des Kapitells | 14 | 5/6 | = | 110 | → | 1 : 30 |
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Höhe des Kapitellkörpers | 13 | [—] | = | 90 | → | 1 : 32 |
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Lotmaß am mittleren Akanthusblatt | 3 | 1/4 | = | 30 | → | 1 : 24 |
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Anmerkung: Da der Zeichner offensichtlich bemüht war, Aufriss und Schnitt des Kapitells nebeneinander im ungefähr gleichen Maßstab darzustellen, ist die Abweichung des hier als Durchschnitt angegebenen Wertes von dem zur Teilzeichnung [91.1.1.1] lediglich auf die Freihändigkeit zurückzuführen, die besonders bei den Lotmaßen zu verkürzten Werten führt.
Kommentar: Die freihändige Federzeichnung liegt auf gleicher Höhe rechts neben dem Aufriss [91.1.1.1] und zeigt einen Schnitt durch die Ornamentschicht des Kapitells entlang seiner mittlerern Symmetrieachse. Die Gesamthöhe ist mit „p 14 5/6“ angegeben, ein Wert, der im nebenstehenden Aufriss fehlt. Auch hier gilt das schon zum Aufriss Gesagte über die Genauigkeit der Maßangaben und die daraus ableitbaren Vergleichsmöglichkeiten.
Auffällig ist ein kleines Detail, das auf eine gewisse Eile seitens des Zeichners schließen lässt: Er hatte zuerst den Kapitellkörper als durchgehende Linie gezeichnet und musste die daher kleinen, zur Mittelachse des Kapitells hin geneigten Voluten unterhalb der Abacus-Blüte nachträglich einzeichnen.
91.1.1.3 Grundriss des Kapitells
POSITION: links von der Mitte der linken Blatthälfte
TECHNIK: freihändige dünne Feder in hellem Braun über Graphitvorzeichnungen
HAND: AD
MASSANGABEN / GRUNDMASS: „p 17 1/6“ / „palmo del modello“
MASSSTAB: ungefährer Gesamtmaßstab der Zeichnung: 1 : 35
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Beispielwerte |
palmi
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mm | Maßstab | |||
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Abstand zwischen den Voluten | 17 | 1/6 | = | 109 | → | 1 : 35 |
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Abstand einer Volute zur Rückwand | 4 | 2/3 | = | 30 | → | 1 : 35 |
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Anmerkung: Auch hier gilt das zu [91.1.1.2] Gesagte: Die Anordnung und Größe der Zeichnungen zeigt die Absicht des Zeichners, das Kapitell in der Trias von Aufriss, Schnitt und Grundriss im selben Maßstab wiederzugeben, was lediglich aufgrund der Skizzenhaftigkeit nicht vollständig gelang. Damit wird zugleich deutlich, dass eine ohne allzu großen Aufwand erreichbare Maßstabsgenauigkeit – wie so häufig zu beobachten – nicht im Zentrum des Interesses des Anonymus Destailleur und vermutlich auch des Zeichners seiner Vorlagen lag.
Kommentar: Die sehr einfache, freihändige Skizze gibt lediglich sehr schematisch den Grundriss des Kapitells mit denjenigen Maßen wieder, die in den beiden zugehörigen Zeichnungen fehlen. Dabei fällt auf, dass bspw. die Kapitell-Blüte – im Gegensatz zu den beiden anderen Zeichnungen hier nur in der verkürzten Wiedergabe als kugelförmiger Ansatz gezeichnet ist. Durch ein langes Rechteck deutet der Zeichner die Form des Pilasters im Horizontalschnitt an.
91.1.2 Pilasterschaft der 12-palmi-Ordnung: Aufriss
Bemerkenswert ist, dass sich der Zeichner nicht bemüht zu haben scheint, diese Darstellung zusammen mit der auf dem Verso des vorliegenden Blattes wiedergegebenen Basis darzustellen, wofür neben der Darstellung durchaus noch Raum gewesen wäre. Dies spricht möglicherweise für einen relativ eiligen Kopiervorgang nach Vorlagen, in denen diese Anordnung ebenfalls schon nicht vorhanden war.
91.1.2.1 Aufriss der Pilasterkanellierung
POSITION: in der linken Blatthälfte nahe am Mittelfalz
TECHNIK: teilweise freihändige dünne Feder in hellem Braun über Graphitvorzeichnungen; Lineal
HAND: AD
MASSANGABEN / GRUNDMASS: „p 1 1/6“ / „palmo del modello“
MASSSTAB: ungefährer Gesamtmaßstab der Zeichnung: 1 : 60
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Beispielwerte |
palmi
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mm | Maßstab | |||
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Höhe der Flöten | 30 | 2/3 | = | 94 | → | 1 : 73 |
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Breite der Kanelluren | 1 | 1/6 | = | 5 | → | 1 : 52 |
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Anmerkung: Der deutliche Maßstabsunterschied zwischen den Teilzeichnungen zum Kapitell und zur Kanellur sowie die Überschneidung der Teilzeichnungen [91.1.1.2] und [91.1.2.1] deuten darauf hin, dass der Zeichner hier zwei unterschiedliche Vorlagen kombiniert haben könnte. Der geringere Maßstab erklärt sich bei der Wiedergabe des Pilasters natürlich vor allem aus der Anpassung an die Größe des zur Verfügung stehenden Blattes.
Kommentar: Die sauber ausgeführte Zeichnung gibt nur die zwei äußeren, rechten Kanelluren eines Pilasters der großen Innenordnung wieder, die durch eine nur an den Enden angedeutete dritte Kanellur ergänzt werden. Durch Schraffuren im unteren Bereich deutet der Zeichner wiederum Plastizität und Form sowohl der Kanelluren als auch der einfach flach schließenden Füllungen an.
Obwohl die Darstellung den Pilasterschaft in voller Länge wiederzugeben scheint, also gerade nicht die sonst vom Zeichner gebrauchte Unterbrechung aufweist, fehlt bemerkenswerterweise eine Maßangabe für die Gesamtlänge des Schaftes.
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Maßangaben |
palmi
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Höhe der Füllungen | 30 | 2/3 |
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Breite der Kanelluren | 1 | 1/6 |
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Breite der Stege | [—] | 1/2 |
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91.1.2.2 Horizontalschnitt durch die Kanellierung des Pilasters
POSITION: rechts unten in der linken Blatthälfte (links unten neben [91.1.2.1])
TECHNIK: freihändige dünne Feder in hellem Braun
HAND: AD
BEISCHRIFT / POSITION: „canalz 7“ / unterhalb der Skizze
MASSANGABEN / GRUNDMASS: „1/4“ [palmo] / palmo romano bzw. palmo del modello
MASSSTAB: ungefähr: Schaftbreite 12 p 76 mm → 1 : 35
Kommentar: Die freihändige Skizze zeigt einen Horizontalschnitt des Pilasters mit Angabe aller sieben Kanelluren. Die beigegebenen Werte geben die Tiefe der Kanelluren mit „2/3“ [palmi] und den Abstand der Füllungsvorderfläche von der Pilasterfläche mit „1/4“ [palmi] an.
Auch hier deutet der abweichende Maßstab der Zeichnung und zusätzlich ihr Charakter als sehr einfache, flüchtige Skizze darauf hin, dass der Zeichner eine Vorlage benutzt, in der es noch keine in sich stimmige Gesamtdarstellung gab, was für die Annahme spricht, er habe sich auch selbst in diesem Fall seine Darstellung aus unterschiedlichen Quellen zusammenstellen müssen.
91.1.2.3 Skizze mit Teilgrundriss eines Kuppelpfeilers
POSITION: linke untere Blattecke
TECHNIK: freihändige dünne Feder in Braun
HAND: AD
BEISCHRIFT / POSITION: „ca 5“ / im linken Teil der Zeichnung an den geknickten Pilastern, die dem Kuppelraum zugewandt sind
MASSANGABEN / GRUNDMASS: „p 5“ / „palmo del modello“
MASSSTAB: ungefährer Gesamtmaßstab: Schaftbreite 12 palmi 14 mm → 1 : 192
Kommentar: Die leichte, flüchtige freihändige Federskizze zeigt den Teilgrundriss eines Kuppelpfeilers; wiedergegeben sind die dem Kuppelraum zugewandte Seite sowie die beiden anschließenden Flanken, nicht jedoch die Rückseiten. Die Skizze dient offensichtlich nur dazu, die Anzahl der Kanelluren an den dem Kuppelraum zugewandten unregelmäßigen, weil geknickten Pilastern der 12-palmi-Ordnung anzugeben; nur so ist die zweimalige Angabe „ca 5“ – wobei das „ca“ sicherlich für ‘canalz’ [= Kanelluren] steht (vgl. [91.1.2.2] – zu interpretieren.
91.1.3 Turmzwischengeschosse „H“ und „K“
Vorbemerkung: Die vorliegende Zeichnung scheint – ebenso wie die nebenstehende der Turm-Komposita – in Technik und Maßstab direkt an die Darstellungen der Turm-Ionica und -Korinthia auf dem Verso von Blatt 90 anzuschließen, während sie mit den weiteren Darstellungen des vorliegenden Blattes zur Innenordnung von St. Peter keine Gemeinsamkeiten aufweist. Damit lassen sich beide Darstellungen der rechten Blatthälfte – [91.1.3] und [91.1.4] vermutlich in einen Datierungszusammenhang mit denen von Blatt 90v bringen. Die gesamte Darstellung wird im Bereich des unteren Blattrandes durch mehrere Additionen ergänzt, die sich offensichtlich auf Teilbereiche der Zeichnung und hier besonders auf vertikale Werte beziehen.
Im Folgenden werden die zwar untereinander verbundenen, aber systematisch leicht zu trennenden Teilzeichnungen mit den Darstellungen der beiden Geschosse gesondert behandelt.
POSITION: drittes Blattviertel = linke Hälfte der rechten Blatthälfte
TECHNIK: teilweise freihändige dünne Feder in hellem Braun über Graphitvorzeichnungen; Lineal
HAND: AD
BEISCHRIFTEN / POSITION:
„R“ [Verweisbuchstabe] / am oberen Blattrand über der Zeichnung
„K“ [Verweisbuchstabe] / in der Öffnungszone des oberen Geschosses
„H“ [Verweisbuchstabe] / in der Öffnungszone des unteren Geschosses
MASSANGABEN / GRUNDMASS: „p 7 7/12“ / palmo romano bzw. palmo del modello
MASSSTAB: ungefährer Gesamtmaßstab der Zeichnung: ca. 1 : 30
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Beispielwerte |
palmi
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mm | Maßstab | |||
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Gesimshöhe der Ordnung „K” | 6 | [—] | = | 52 | → | 1 : 26 |
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Gesimshöhe der Ordnung „H” | 4 | 1/3 | = | 40 | → | 1 : 23 |
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Höhe Sockel und unteres Gesims von „H” | 9 | 5/6 | = | 86 | → | 1 : 26 |
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Breite des Umgangs um „K” | 8 | 2/3 | = | 50 | → | 1 : 39 |
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Anmerkung: Die deutlich unterschiedlichen Werte für die Gesamtzeichnung machen deutlich, dass der Zeichner – bzw. der Autor seiner Vorlage – vor allem wiederum Wert auf die Unterbringung aller Maßangaben sowie die günstige Ausnutzung des Blattes legte. Es dürfte sich also – auch angesichts der Positionierung zusammen mit der Ordnung „L“ in der nebenstehenden Zeichnung [91.1.4] – um die Kopie nach einer Vorlage handeln, die selbst zu eben diesem Zweck angefertigt worden sein dürfte.
Kommentar: Die Darstellung zeigt in einer in sich nicht maßstabs- oder proportionsgerechten Schnittdarstellung zwei der oberen Turmgeschosse: Das hier mit „H“ bezeichnete über oktogonalen Grundriss sowie das darüber liegende über kreisförmigen Grundriss, hier mit „K“ bezeichnet. Während das oktogonale Geschoss in der Grundrissdarstellung auf Bl. 87r mit „F“ bezeichnet ist, trägt das runde Geschoss dort keine Bezeichnung.
Da zusätzlich hier der in diesem Zusammenhang sonst nicht nachzuweisende Verweisbuchstabe „R“ erscheint, kann angenommen werden, dass zwischen der Anfertigung der Grundrisse und derjenigen der Vorlagen, die der Zeichner für dieses Blatt benutzte, eine Änderung in der Bezeichnungskonvention stattfand, die nicht notwendig auf eine Planänderung schließen lassen muss, diese aber nahelegt.
Die Darstellung zeigt eine Vielzahl von Maßangaben, die wiederum bis in den Bereich des Zwölftel-palmo hinabreichen. Ebenso ist die feingliedrige Profilierung der Gesimse sicherlich kaum als Vorlage für einen Modellbauer zu denken.
Was wiederum grundsätzlich hinsichtlich der Realisierung am Bau auffällt, ist die überaus reiche Profilierung und Abstufung der einzelnen Glieder, die in dieser Höhe für den Betrachter vor der Basilika sicherlich nicht mehr wahrnehmbar gewesen wäre, bzw. nur noch für Personen, die zu diesen Stockwerken Zugang hatten. Dies mag für den mit gotischen Bautraditionen Vertrauten als ‘normal’ gelten, verglichen mit der Nachlässigkeit der Bauausführung an einigen Werken Bramantes jedoch (z. B. der Tempietto, besonders aber der Chor von Santa Maria del Popolo im oberen, nicht direkt einsehbaren Bereich) ist dieser Umstand jedenfalls als im römischen Umfeld der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts nicht alltäglich bemerkenswert.
91.1.3.1 Turmgeschoss „K“ (über kreisförmigem Grundriss)
Gesims: Das Gesims zeigt eine geradlinig-ornamentlose Profilierung, die – sicherlich in Anlehnung an die es nach unten abschließende Form des dorischen ‘Kapitell-Typus’ – mit der überhängenden Traufleiste ein dorisches Motiv aufnimmt. Für diese deutet der Zeichner sogar eine leichte Neigung nach außen an, gibt dafür aber kein Maß, so dass es sich auch um einen Fehler seinerseits handeln könnte.
Oberhalb des Gesimses ist der Übergang zum nächsthöheren Geschoss durch eine Abschrägung des Rücksprungs über der obersten Profilleiste sowie eine daran im Abstand von „p 1 7/12“ vom Lotmaß aufsteigende Senkrechte hergestellt.
Wandzone: In der Wandzone ist die Fensteröffnung mit Angaben zur Profilierung ihres Rahmens und zum Durchmesser freihändig skizziert. Allerdings fehlt jeglicher Hinweis auf die Tiefe der Öffnung und damit auf die Stärke der Wand. Dieser findet sich in Bl. 87r, wo für die Wandstärke ein Wert von „p 10“ angegeben ist. Möglicherweise fehlt dieser Wert also hier, weil der Zeichner ihn dort bereits notiert hatte – dann würde Bl. 87r kurze Zeit vor Bl. 91r entstanden sein müssen.
An den Lotmaßen der Wandzone fällt auf, dass diese für den oberen und den unteren Bereich leicht variieren, was eine leichte Neigung nach hinten zur Folge hätte: oben „p 3 1/2“; unten „p 3 1/6“ – auch dies sicherlich eine Forderung, die bei einer ausschließlichen Orientierung auf das Modell zu vernachlässigen gewesen wäre.
Während alle vertikalen Maße für die Fensteröffnung der Wandzone – vom darüber liegenden Gesims aus gemessen – wiedergegeben sind, fehlt eine Maßangabe für den Abstand zum unteren Gesims und ebenso eine für die Gesamthöhe, die sich so auch nicht indirekt ermitteln lässt. Hier scheint es sich um einen Flüchtigkeistfehler des Zeichners zu handeln.
Sockelzone und Umgang mit Balustrade: Die Sockelzone dieses Geschosses ist wiederum einfach und ohne aufwendige Ornamente profiliert; sie endet auf einer Plattform leicht oberhalb der obersten Leiste der Kranzgesimses des darunter liegenden Geschosses: Auf dieser – im Unterschied zum eigentlichen Geschoss „K“ selbst – achteckigen Plattform erhebt sich die Balustrade, die der Zeichner schon im Grundriss angedeutet hatte und für die er hier im Schnitt genauere Maße liefert. Aufgrund der angegebenen Lotmaße lässt sich für die Breite des Umgangs an der hier wiedergegebenen Stelle – aufgrund der Fensteröffnung müsste es sich um die schmalste handeln – mit [p 8 2/3] – [p 2 + p 3 1/6] = p 5 1/6 angeben. Dies stünde jedoch im Widerspruch zu der in Bl. 87r angegebenen geringsten horizontalen Entfernung von Plattformaußenkante und Wand: „p 7“.
Nimmt man dagegen an, hier sei ein Vertikalschnitt durch die Eckkante der oktogonalen Plattform wiedergegeben, so erhält man im Vergleich mit dem Grundriss einen Wert für die Gesamtbreite der Plattform an dieser Stelle, der mit fast 10 palmi ebenfalls nicht mit den hier gegebenen „p 8 2/3“ in Übereinstimmung zu bringen ist.
Da es offensichtlich nicht sehr sinnvoll gewesen wäre, den hier wiedergegebenen Vertikalschnitt nicht durch die Symmetrieachse einer Oktogonseite oder durch die Ecke zu führen, scheinen diese Unstimmigkeiten auf eine Planänderung hinzudeuten: In Abhängigkeit von der relativen Chronologie der beiden Blätter hätte diese entweder in einer leichten Verbreiterung der oberen Turmgeschosse bestanden, wodurch die ‘gotisch’ zulaufende Form der Türme geringfügig gemildert worden wäre, oder aber in einer Verringerung der Geschossdurchmesser, die sicherlich statische Vorteile gebracht hätte. Mit Blick auf die am Modell immer noch deutlich sichtbare Verjüngung der Türme und das Bewusstsein Sangallos für statische Probleme wird man der zweiten Interpretation die größere Plausibilität einräumen, so dass sich daraus eine Abfolge Bl. 87r → Bl. 91r ergäbe, da die größere Breite des Umgangs (hier 8 2/3 palmi gegenüber 7 palmi dort) eine Verringerung des Durchmessers des Geschossaufbaus bedeutet – wenn man einen gleichbleibende fixen Bezugspunkt in dem Außendurchmesser des darunter liegenden Gesimses und dem davon ausgehend gemessenen Lotmaß voraussetzen darf.
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Maßangaben zum Geschoss „K“ |
palmi
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Gesamthöhe Gesims | 6 | [—] |
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Distanz Gesims – Fensteröffnung | 2 | 1/12 |
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lichte Höhe der Wandeintiefung um das Fenster | 10 | 1/6 |
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lichte Höhe der Fensteröffnung (außen) | 7 | 1/2 |
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lichte Höhe der Fensteröffnung (innen) | 5 | 1/4 |
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Distanz Fensteröffnung – Sockelgesims |
k. A.!
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Höhe Sockelgesims | 2 | 1/4 |
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Höhe Plinthe | [—] | 1/2 |
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Höhe des unteren Sockels | 3 | 5/6 |
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Distanz Sockel – Gesimskante | 8 | [—] |
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Höhe der Balustrade (2 5/6 + 1 1/12) | 3 | 11/12 |
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Breite der Balustradenpfeiler | 3 | 1/6 |
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91.1.3.2 Turmgeschoss „H“ (über oktogonalem Grundriss)
Konsolgesims: Das untere Geschoss wird nach oben hin durch ein Konsolgesims abgeschlossen, das ebenfalls eine vorspringende Traufleiste nach Art des dorischen Gebälks aufweist. Diese ist hier – wie auch am darüber liegenden Geschoss – jedoch sicherlich als tatsächlicher Wetterschutz zu interpretieren. Der Zeichner hat sich nur an dieser Stelle bemüht, durch die Ergänzung des Profilschnitts um den Aufriss sämtliche notwendigen Informationen zu den Konsolen festzuhalten, sich dann aber doch – anscheinend nachträglich – entschlossen, diese zusätzlich noch in der schrägen Untersicht der ‘Gebälkperspektive’ wiederzugeben, die er nebenstehend in der freihändigen Skizze [91.1.3.3] ergänzt.
Wandzone: Die Wandzone weist wiederum einen Schnitt durch die Wand mit der eingelassenen Fensteröffnung auf. Aber auch hier fehlen Maßangaben für die Wandstärke und für die Höhe des Fensters über der nächstunteren Horizontalen, so dass die Gesamthöhe des Geschosses hieraus nicht ermittelt werden kann. Möglicherweise handelt es sich wiederum nur um einen Flüchtigkeitsfehler des Zeichners – obwohl es schon merkwürdig erscheint, dass ausgerechnet diese Werte in beiden Geschossen fehlen. Vielleicht bedeutet dieses Fehlen wichtiger Maße aber auch, dass gerade in diesen Zonen, deren Höhe nicht wie bei Säulenordnungen durch konventionale Proportionsvorgaben mehr oder weniger fixiert war, ein Spielraum gelassen werden sollte, der es ermöglichte, in der endgültigen Planung nötigenfalls noch Korrekturen vorzunehmen. Diese könnten z. B. durch im Zuge der Kuppelausführung sich ergebende Höhenänderungen hervorgerufen werden, zu deren Ausgleich an den Türmen ein gewisser Spielraum in den nicht durch kanonische Proportionierungen gebundenen Geschossen erhalten bleiben sollte, um eine einheitliche Höhe der Ordnungen zwischen Kuppel und Türmen zu sichern.
Dagegen macht der Wert für die lichte Höhe der Öffnung – „p 20 1/2“ – deutlich, dass das Geschoss hier trotz der durchlaufenden äußeren Wandlinie in der Höhe reduzierte wiedergegeben wurde, um seine Darstellung auf das Blatt zu bringen.
Unteres Gesims und Sockel: Der aufwendig gestufte Sockel und das ebenfalls etwas reicher als am Geschoss „K“ profilierte untere Gesims liegen hinter einer vorgelagerten Gruppe aus einem großen Kegel und begleitenden Flammenschalen auf Balustern: Raum für einen Umgang ist hier also – wie auch schon der Grundriss zeigte – nicht vorgesehen.
Vorgelagerte Kegel und Kandelaber: Während die Darstellung der dem Geschoss zugewandten linken Hälfte des Kegels im Profil freihändig erfolgte und aufgrund der Überschneidung mit der nebenstehenden Zeichnung den Eindruck erweckt, als sei sie vergessen und nachträglich ergänzt worden, fällt die freihändige Skizze der davor wiedergegeben Flammenschale durch eine leichte, aber sichere Hand auf, die möglicherweise nicht die des Anonymus Destailleur ist, auch wenn Tinte, Feder und Buchstabenformen für eine einheitliche Entstehung sprechen.
Im Vergleich mit dem Grundriss auf Bl. 87r fällt auf, dass dort die einfach als Kreise wiedergegebenen Satelliten der großen Kegel auf den Ecken des Geschosses aufgrund ihrer mangelnden Spezifizierung als kleinere Kegel interpretiert werden könnten, jedoch kaum als balusterartige Flammenschalen bzw. Kandelaber. Könnte man hier für den Fall von Bl. 87r noch eine Nachlässigkeit des Zeichners unterstellen oder aber eine Planänderung annehmen – die dann nochmals eine relative Chronologie Bl. 87r → Bl. 91r unterstützte –, erhalten diese Kegel bzw. Baluster jedoch eine besonderen Status durch den Umstand, dass sie weder in der einen noch in der anderen Form am Modell oder in den Salamanca-Stichen auftauchen: Damit gehören sie in die Reihe jener Indizien, die gegen eine Anwesenheit des Zeichners in Rom zum Zeitpunkt der Fertigstellung des Modells oder gar nach Veröffentlichung der Stiche sprechen.
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Maßangaben zum Geschoss „H“ |
palmi
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Höhe des Konsolgesimses | 4 | 1/3 |
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Breite der Konsolen | 2 | [—] |
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Höhe der Konsolen | 2 | 1/2 |
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Distanz der Konsolen | 1 | 1/2 |
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Distanz Konsolen – Fensteröffnung | 3 | 7/12 |
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lichte Weite der Fenstereintiefung | 24 | 1/6 |
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lichte Weite der Fensteröffnung (außen) | 20 | 1/2 |
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lichte Weite der Fensteröffnung (innen) | 19 | 1/2 |
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Distanz Fensteröffnung – Sockelgesims |
k. A.!
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Gesamthöhe des Sockels inkl. Gesims | 9 | 5/6 |
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Gesamthöhe der Flammenschale | 7 | 1/3 |
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Länge der Außenseite eines Kegels | 26 | 3/4 |
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91.1.3.3 Nebenskizze zum Konsolgesims
POSITION: am Mittelfalz, etwas unterhalb der Blattmitte (in der Wandzone von Geschoss „H“)
TECHNIK: freihändige, dünne Feder in hellem Braun
HAND: AD
MASSANGABEN / GRUNDMASS: „p 1 1/2“ / palmo romano bzw. palmo del modello
Kommentar: Eine kleine Nebenskizze zeigt das Konsolgesims in der typischen scheinperspektivischen Darstellung (‘Gebälkperspektive’), die der Zeichner hier eingefügt hat, um jene Tiefenmaße anzutragen, für die in der Hauptzeichnung nicht genügend Raum war. Dabei unterläuft ihm ein eigenartiger Fehler: Die von ihm im Vordergrund wiedergegebene Konsole trägt an ihrem oberen Ende sowohl für die Tiefenerstreckung als auch für die Breite den Wert „p 2“. Während eine Verringerung der Tiefenerstreckung auf „p1 1/2“ jedoch normal erscheint, ist die gleichzeitig angedeutete Verringerung der Breite auf denselben Wert nicht nachzuvollziehen – zumal sie im Widerspruch steht zur Hauptzeichnung, in der die Breite der Konsole wie üblich über ihre gesamte Höhe unverändert bleibt. Es kann sich hier also nur um einen Fehler des Zeichners handeln, denn der Wert „p 1 1/2“ deckt sich andererseits mit dem in der Hauptzeichnung für die Abstände der Konsolen untereinander angegebenen.
91.1.4 Turmgeschoss „L“ (Kompositordnung)
Die Darstellung der Kompositordnung besteht aus einer Hauptzeichnung, die aufgrund des unterbrochenen Säulenschaftes in eine obere [91.1.4.1] und eine untere [91.1.4.2] zerfällt, sowie aus zwei Detailzeichnung, die die Volute des Kapitells [91.1.4.3] und dessen Grundriss [91.1.4.4] darstellen. Dabei fällt auf, dass der Zeichner keine Maße für das Gebälk der Ordnung gibt, was sicherlich auf ein Versehen zurückzuführen sein dürfte.
91.1.4.1 Gebälk, Kapitell, oberer Säulenschaft
POSITION: am rechten Blattrand
TECHNIK: teilweise freihändige dünne Feder in hellem Braun über leicht abweichenden Graphitvorzeichnungen; Lineal
HAND: AD
BEISCHRIFT / POSITION: „L“ / im Fries des Gebälks
MASSANGABEN / GRUNDMASS: „p 7 7/12“ / „palmo del modello“
MASSSTAB: Da das Kapitell selbst nur freihändig und offensichtlich sehr unausgewogen wiedergegeben ist, wird auf eine Ermittlung des Gesamtmaßstabes an dieser Stelle verzichtet; zumal derjenige von [91.1.4.2] weitgehend derselbe zu sein scheint.
Kommentar: Die Darstellung zeigt die komposite Ordnung des Tolos auf hoher Sockelzone und ist im Fries mit dem Verweisbuchstaben „L“ bezeichnet; im Grundriss Bl. 87r fehlt jegliche Bezeichnung. Im Architrav deutet eine freihändig eingetragene Skizze anscheinend die im Schnitt gesehene Verzierung/Vertiefung in der Umgangsdecke an. Diese freihändige Ergänzung ist erstaunlicherweise der einzige Bereich des gesamten Gebälks, der mit Maßangaben versehen ist! Die genaue und sorgfältig wiedergegeben, aufwendige Profilierung des Gebälks spricht aber dafür, dass dem Zeichner eine Vorlage zur Verfügung stand, die sicherlich auch – wie die restliche Zeichnung – mit Maßangaben versehen war. Es dürfte sich also wiederum nur um einen Flüchtigkeitsfehler des Zeichners handeln.3 Andererseits wäre es denkbar, dass der Zeichner glaubte, sich auf die Wiedergabe der scheinbar identischen Ordnung an der Kuppellaterne auf Bl. 84r verlassen zu können: Während er dort nämlich die abweichenden Werte für die tiefer gelegenen Ordnungen notierte, hätte eine exakte Übereinstimmung der Gebälke von Turmtolos und Kuppellaterne die Verdopplung unnötig erscheinen lassen. Diese Erklärung scheidet jedoch aufgrund der leicht abweichenden Profilierung des Komposita-Gebälks in der Darstellung von Bl. 84r aus.4
Es fällt auf, dass der Zeichner die Unterbrechung der Darstellung am Säulenschaft im vorliegenden Fall durch einen doppelten Riss darstellt, während ihm dazu ansonsten nur eine Andeutung genügt.
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Maßangaben |
palmi
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Anmerkung | |
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Breite der Kapitellauflage | 3 | [—] | |
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Eintiefung der Umgangsdecke | 2 | 1/6 | |
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Höhe des Kapitellkörpers | 2 | 1/6 | |
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Gesamthöhe des Kapitells | 3 | 7/12 | 2 1/6 + 7/12 + 5/6 |
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Durchmesser der Kapitellvolute | 1 | 1/6 | |
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91.1.4.2 Basis, Stylobat und Umgang mit Balustrade
POSITION: am rechten Blattrand, in mittlerer Höhe und darunter;
TECHNIK: teilweise freihändige, dünne Feder in Braun; Lineal; leicht abweichende Vorzeichnungen
HAND: AD
MASSANGABEN / GRUNDMASS: „p 7 7/12“ / palmo romano bzw. palmo del modello
MASSSTAB: ungefährer Gesamtmaßstab der Zeichnung: 1 : 26
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Beispielwerte |
palmi
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mm | Maßstab | |||
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Höhe der Basis | 1 | 2/3 | = | 23,5 | → | 1 : 16 |
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Höhe des Sockelfrieses | 5 | 7/12 | = | 35 | → | 1 : 36 |
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Anmerkung: Die deutlich unterschiedlichen Werte erklären sich aus der vertikalen Stauchung der Zeichnung, die vielleicht auch dadurch bedingt ist, dass sich diese ansonsten mit der nebenstehenden [91.1.3] zu sehr überschnitten hätte. Dies deutet wiederum darauf hin, dass die Vorlagen, die der Zeichner hier benutzte, nicht gemeinsam auf einem Blatt untergebracht waren.
Kommentar: Der hohe Sockel, der sich unterhalb der attischen Basis erhebt und diese so weit über die Balustrade hinaushebt, dass ihm selbst fast der Status eines eigenen Zwischengeschosses zuzusprechen wäre, weist eine relativ reiche Profilierung auf – besonders ausgerechnet in einer dreischichtigen Abstufung hinter der Balustrade! Diese selbst ist am rechten Rand durch dessen Beschädigung nur noch unvollständig erhalten – vor allem fehlen die üblichen Lotmaße, die die Profilierung annähernd bestimmen. Darüber hinaus fehlt auch eine Angabe für den Abstand der Balustrade von der Rückwand, so dass die Breite des Umgangs aus dieser Zeichnung allein nicht zu bestimmen ist. Laut Bl. 87r beträgt die Gesamtbreite der Umgangsplattform „p 9 2/3“.
Unterhalb des Umgangs verläuft im vertikalen Abstand von „p 1 2/3“ eine horizontale Linie, deren Funktion nicht eindeutig zu bestimmen ist: Sie dürfte jedoch zum Gesims des darunter anschließenden Geschosses gehören.
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Maßangaben |
palmi
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Anmerkung | |
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Höhe der Basis mit Plinthe | 2 | 1/12 | |
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Höhe des Sockeldeckgesimses | 1 | 2/3 | |
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Höhe der Sockelfrieszone | 5 | 7/12 | |
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Höhe des Sockelfußes | 8 | 1/4 | |
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91.1.4.3 Skizze zur Kapitellvolute
POSITION: unterhalb des Architravs von [91.1.4.1], rechts neben dem Kapitell;
TECHNIK: freihändige, sehr dünne Feder in Braun;
Kommentar: Die Skizze dient nur der Notierung zweier um 90° gegeneinander versetzter Durchmesser der Volute („p 11/12“ [?], „p 1 1/6“) von denen der kleinere Wert allerdings auch schon in der Hauptzeichnung erscheint.
91.1.4.4 Grundriss des Kapitells
POSITION: am rechten Blattrand, durch dessen Beschädigung unvollständig
TECHNIK: freihändige dünne Feder in hellem Braun über Graphitvorzeichnunge; Zirkel;
HAND: AD
MASSANGABEN / GRUNDMASS: „p 4 1/4“ / „palmo del modello“
MASSSTAB: ungefähr: 4 1/4 p 54 mm → 1 : 17,6
Kommentar: Die Darstellung – eine Federskizze mit Maßangaben – ist durch die Beschneidung des Blattes weitgehend verloren: Es hat sich lediglich ca. eine Viertel erhalten. Allerdings enthält dieses alle wichtigen, aus dem nebenstehenden Profil möglicherweise nicht zu entnehmenden Maßangaben. Bemerkenswerter Weise ist der Grundrisskreis des ionischen Teils des Kapitells mit zwei konzentrischen Zirkelkreisen vorgezogen – hier hatte der Zeichner also deutlich sorgfältiger gearbeitet, als er dies sonst bei Nebenskizzen dieser Art zu tun pflegte. Allerdings scheint die Angabe des Abstandes der Voluten des Kapitells mit „p 4 1/4“ im Vergleich zur in [91.1.4.1] angegebenen Höhe des korinthischen Kapitellkörper von nur „p 2 1/6“ auffallend groß.
Additionen unterhalb der Zeichnungen: Im unteren Bereich der rechten Blatthälfte finden sich eine Reihe von Additionen mit Durchstreichungen [die Durchstreichungen stehen offenbar für die Zahlen, die der Zeichner schon addiert hatte], die vielleicht darauf schließen lassen, dass der Zeichner bei der Erstellung des Blattes noch nicht alle Maße aus einer einheitlichen Vorlage geschlossen übernehmen konnte, sondern sich der Summen – und damit vielleicht auch der Einzelmaße – durch die Additionen vergewissern wollte. Dass sie lediglich dazu dienen, vorhandene Angaben zu überprüfen, wäre natürlich ebenso denkbar. Trotzdem wäre dies vielleicht ein weiteres Indiz für die vermutete direkte Beteiligung des Zeichner an letzten Phase des Entwurfsprozesses: Seine Aufgabe könnte dabei darin bestanden haben, eine gegebenen Profilierung mit ebenfalls vorgebenen Maßen für die Hauptelemente in Übereinstimmung zu bringen.