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verso

St. Peter: Dorica, Triglyphenfries, Volute





linke Blatthälfte
rechte Blatthälfte








[12.2.2]




[12.2.3]




[12.2.1] [12.2.4]




Vorbemerkung: Die mit Feder ausgeführten Darstellungen konzentrieren sich auf die untere Blatthälfte, d. h. die etwas stärker verschmutzte, ursprüngliche Außenseite der Lage bzw. des Bogens. In der oberen Blatthälfte erscheint nur eine leichte, unfertige Bleistiftskizze eines Sockelprofils, die jedoch keine Hinweise auf dessen Zuordnung enhält. Die Zeichnungen in der unteren (rechten) Blatthälfte sind alle um 90° nach rechts gedreht. Der Zeichner hatte das Blatt offenbar im Querformat (linker Rand unten) vor sich, d. h. nach Umwendung des Blattes entsprechend in derselben Lage, in der auch das Recto bezeichnet wurde.

Wie im Falle des Recto wird in der folgenden Beschreibung die vom Zeichner verwandte Orientierung des Blattes der Einfachheit halber derjenigen vorgezogen, die durch die moderne Signatur vorgegeben wird.

 

12.2.1 Graphitskizze eines Sockels

POSITION: nahe der linken unteren Blattecke, 90° links
TECHNIK: freihändige Graphitskizze
HAND: AD [?]1
MASSSTAB: nicht ermittelbar, da Maße und Vergleichsgrößen fehlen

Kommentar: Die Skizze zeigt links den Schnitt eines sich nach rechts fortsetzenden Sockels mit relativ einfacher Profilierung. Rechts neben dem Profil – jedoch in der Höhe der Horizontalen nicht mit diesem übereinstimmend – findet sich der untere Ansatz zu einem weiteren Profil. Die relativ unspezifische Form der Gesimsprofile sowie das Fehlen von Maßangaben erlauben keine überzeugende Zuordnung zu einem bestimmten Bau oder auch nur zu den auf diesem Blatt vereinigten Bauten. Es fällt jedoch auf, dass der Zeichner mit der Darstellung relativ dicht am oberen – jetzt linken – Blattrand beginnt, so dass darüber kein Platz mehr für eine aufsitzende Ordnung oder ein Geschoss gewesen wäre: Es scheint ihm demnach ausschließlich um die Erfassung des Sockels selbst gegangen zu sein, nicht jedoch um die der auf diesem sicherlich zu erwartenden Architekturen bzw. Ordnungen.

12.2.2 St. Peter: Dorica des Außenbaus

POSITION: am linken Rand der rechten Blatthälfte, im oberen Bereich sich über deren Mitte hinaus nach rechts erstreckend
NUMERIERUNG / POSITION: „pag. 2.“ / am rechten Blattrand unten, 90° rechts
TECHNIKdünne Feder in Braun; Lineal; Vorritzungen der Konstruktionslinien
HANDAD [vermutlich]. 
Anmerkung: Aufgrund fehlender Notizen in dieser Zeichnungsgruppe – die Maßangaben in der Teilzeichnung [12.2.4] helfen nicht weiter, da sie durchaus von einem anderen Zeichner stammen könnten – und der konsequenten Ausführung mit Lineal ist die Hand aber nicht mit endgültiger Sicherheit zu bestimmen.
MASSANGABEN / GRUNDMASS: keine
MASSSTAB: 1 : 30 (= Ausführungsmaßstab des Sangallo-Modells)

Kommentar: Die sehr saubere Darstellung zeigt die Dorica des Außenbaus im Profil von der Basis bis zum Gesims, wobei der Triglyphenfries in die Vorderansicht ‘herausgeklappt’ ist. Zwar fehlt jeglicher Hinweis auf die Herkunft der Dorica, aufgrund der Übereinstimmung mit dem Profil der Erdgeschoss-Dorica des St.-Peter-Modells (vgl. Bl. 90r) ist die Zuordnung zu Sangallos Projekt aber unzweifelhaft.2

In der vorliegenden Zeichnung sind zwar alle für eine Maßaufnahme notwendigen Körperkanten sauber dargestellt, Maßangaben fehlen jedoch. Sie muss daher als unvollendet angesehen werden. Dies macht ihre Identifizierung erst unter Zuhilfenahme der anderen St.-Peter-Zeichnungen des Codex Destailleur D möglich. Ein möglicher Grund für die Nichtvollendung der Zeichnung könnte darin liegen, dass der gewählte Maßstab eine übersichtliche Wiedergabe aller Maße nicht erlaubte, da besonders im Bereich des Gesimses für diese deutlich zu wenig Raum vorhanden wäre.

Die saubere, proportionsgerechte Ausführung im Modellmaßstab lässt auf eine entsprechend ausgearbeitete Vorlage schließen – obwohl die sehr ähnliche Darstellung Letarouillys ohne eine solche ausgekommen sein dürfte.3 Die Genauigkeit in der Profilwiedergabe schließt eine Darstellung nach dem Modell aus, an dem ohnehin einzelne Details – z. B. die Traufleiste des Gesimses – nicht so wie hier ausgeführt sind: Die in der Zeichnung wie auch in Letarouillys Stich gezeigte Auskehlung an der Unterseite der Traufleiste fehlt bspw. am Modell.

Zudem haben vom Verfasser durchgeführte stichpunktartige Nachmessungen am Modell ergeben, dass die Ausführung – selbst unter Berücksichtigung späterer natürlicher oder restaurativer Veränderungen des Holzes – nicht von hinreichender Genauigkeit ist, um eine eindeutige Rekonstruktion einzelner Elemente wie bspw. der Ordnungen und besonders der Gesimse oder – wie in diesem Fall – der Triglyphen zu erlauben. Dem Zeichner muss also eine Darstellung vorgelegen haben, die – ähnlich wie die Reinzeichnungen Sangallos und seiner Mitarbeiter in den Uffizien – zwar vielleicht in erster Linie zur Vorlage für die Modellbauer diente, deren Genauigkeit über das am Modell zu Realisierende jedoch eindeutig hinaus ging. Daraus lässt sich schlussfolgern, dass die größere Detailtreue dieser Zeichnungen auf Planungen beruhte, die über einen bloße Verwendung für die Ausführung des Modells hinausreichten und daher offensichtlich die tatsächliche Bauausführung betrafen. Besonders auffällig ist die Sorgfalt in der Ausführung der Schraffuren zur Wiedergabe von Schattierungen an plastischen Details: So bemüht sich der Zeichner sogar, durch leicht gekrümmte Schraffen die halbrunde Form der Gutae anzudeuten.

Die dorischen Säulen werden hier im Profil in der üblichen Art und Weise durch eine Unterbrechung kurz über der Basis ‘verkürzt’, um die Erfassung aller wichtigen Elemente der Ordnung in einem Zusammenghang zu gwährleisten.

Bei der Genauigkeit der Ausführung ist bemerkenswert, dass die Zeichnung unterhalb der Plinthe abbricht, d. h. Hinweise auf den Sockel – selbst in verkürzter Form – hier fehlen. Zwar ist der Abstand des unteren Endes der Zeichnung zum Blattrand für eine maßstabsgerechte Ausführung ohnehin zu gering, aber auch hier hätte sich die Möglichkeit der Abkürzung durch Weglassen eines Teils des Sockelfriesbereichs angeboten.

12.2.3 Triglyphenfries der Erdgeschoss-Ädikulen

POSITION: links von der Mitte der rechten Blatthälfte
TECHNIK: nur in wenigen Rundungen freihändige dünne Feder in hellem Braun; Lineal; Vorritzungen
HANDAD [vermutlich]
Anmerkung: aufgrund fehlender Notizen und der konsequenten Ausführung mit Lineal aber nicht sicher zuzuschreiben
MASSSTAB: 1 : 30 (Maßstab des Modells)

Kommentar: Die im Verhältnis zur Hauptzeichnung [12.2.2] scheinbar deutlich kleinere Skizze zeigt in ähnlicher Kombination von Profil (links) und und Vorderansicht den Triglyphenfries der dorischen Ädikulen vom Erdgeschoss des St.-Peter-Projekts. Dies wird u. a. durch die Andeutung des Giebels in der Vorzeichnung deutlich. Der Zeichner hat auch diese Darstellung unvollendet und ohne Maßangaben abgebrochen, vielleicht, weil der schon oben vermutete Platzmangel für die Angabe von Maßen hier noch augenfälliger wurde und er zudem die Darstellung zu nahe an der Hauptordnung angelegt hatte, so dass diese sich bei Fortsetzung der Zeichnung und ihrer Bemaßung in ungünstiger Weise überschnitten hätten. Auch hier setzt der Zeichner die Schraffierung der ausgeführten Triglyphe gekonnt zur Wiedergabe der Plastizität ein.

 

12.2.4 Konstruktion einer Spirale

POSITION: untere rechte Blattecke
TECHNIKdünne, im Vergleich zu den beiden anderen Darstellungen ([12.2.2] und [12.2.3]) jedoch etwas breitere Feder und etwas dunklere Tinte; Zirkel; die Beischrift aber wiederum in etwas hellerer Tinte
HAND: AD [vermutlich]; KdAD [möglich, aber weniger wahrscheinlich]
Anmerkung: Aufgrund der charakteristischen Form des „p“ in der Maßangabe der Volutenspirale mit einer Schleife nach rechts am unteren Ende des Abstrichs, der so in einen kurzen Unterstrich übergeht, könnte es sich bei dem Schreiber um den KdAD handeln. Da der Anonymus Destailleur selbst dieses Merkmal in Bl. 81 aber auch verwendet, um auf geläufige Weise das Wort „per“ abzukürzen, ist die Zeichnung vermutlich eher ihm zuzuschreiben, zumal der KdAD in den St.-Peter-Blättern ansonsten nicht erscheint und im vorliegenden Fall die Einheitlichkeit von Feder und Tinte gegen einen Wechsel der Hände spricht.
MASSANGABEN / GRUNDMASS: „p 6“ und „p 8“ / palmo romano bzw. palmo del modello [vermutlich]
MASSSTAB: Die Unstimmigkeit der Maßangaben (s. u.) erlaubt keine Angabe des Maßstabs.

Kommentar: Sinn und Zuordnung dieser offensichtlich abgebrochenen Studie zur Konstruktion einer Volute lassen sich bisher nicht eindeutig bestimmen. Natürlich liegt aufgrund der räumlichen Beziehung auf dem Blatt die Vermutung nahe, es handele sich um eine Volute bspw. der Ionica an der Hauptbaufassade des St.-Peter-Projektes. Da aber die sicher als Maßangaben zu deutenden Zahlenangaben widersprüchlich sind und die Konstruktion Fehler aufweist, ist selbst diese Annahme nicht sicher zu stützen, zumal es sich andererseits um eine einfache, nicht zu St. Peter oder einem anderen Projekt in Beziehung stehende Studie handeln könnte.

Die Konstruktion der Volutenspirale mit zwei vollen Windungen zeigt im Inneren ein halbmondförmiges Segment, das wohl auf eine Fehlkonstruktion zurückzuführen sein dürfte. Ebenso ergeben die Maßangaben anscheinend keinen Sinn bzw. scheinen falsch zu sein, denn der mit „p 6“ im Inneren angegebene Abstand [durch 7 Bleistiftpunkte markierte 6 gleichgroße Abstände] beträgt nur 18 mm, während der mit „p 8“ angegebene Gesamtdurchmesser 127 mm misst. In jedem Falle aber scheint eine Spirale/Volute mit einem Durchmesser von 6 bzw. 8 palmi zu groß für ein denkbares Kapitell.

Selbst eine weitere einschränkende Annahme, der Zeichner habe „1 palmo „8“ (oncie oder minuti) gemeint, führt immer noch auf sehr große Maße. Eine weitere Deutung der beiden Maßangaben wäre, dass „p 6“ den Abstand vom oberen Rand des Kerns zur ‘unteren’ Außenseite der Volute meint, also nach der ersten halben Windung, während „p 8“ den Abstand vom unteren Rand des Kerns zum Rand der Volute am Beginn meint; beide Maßangaben würden sich dann in der Darstellung überkreuzen und daher missverständlich interpretierbar sein. Aber auch in diesem Falle wären die Maße offensichtlich sehr groß. So liegt der Schluss nahe, dass hier allgemein die maßstabsunabhängige Konstruktion einer Volute gemeint ist, wobei das „p“ weniger für palmo oderpiedi zu stehen scheint, sondern vielleicht für part[e]s.

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