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recto: St. Peter: Obergeschoss-Grundriss

Obergeschoss: Grundriss

 









[78.1.1.1] [78.1.1.2] [78.1.1.3]




[78.1.1.4]




Vorbemerkung: Dieses Blatt ist das einzig erhaltene, welches detailliert Auskunft über Sangallos Planungen für das ‘Obergeschoss’ des Hauptbaus – d. h. hier vor allem also: die Bereiche um die Tamboure der Nebenkuppeln – mit Maßangaben zeigt. Da auf diesem Niveau im Zwickel zwischen Süd- und Ostarm schon zu Sangallos Lebzeiten gebaut wurde und die in der vorliegenden Zeichnung wiedergegebenen Oktogone nicht nur hier, sondern auch in den anderen Quadranten des Baus weitestgehend in der von Sangallo entworfenen Form ausgeführt wurden, kommt dem Blatt ein bisher kaum anerkannter Quellenwert nicht nur für das Modellprojekt, sondern ebenso für die Bauausführung zu seinen Lebzeiten sowie den ausgeführten Bau in seiner heutigen Gestalt selbst zu. Abweichungen gegenüber der Ausführung am Modell (z. B. im Grundriss der Umgangsfußböden) lassen den Schluss zu, dass das Blatt jedoch nicht nur vor Fertigstellung der entsprechenden Bereiche am Bau selbst, sondern sogar schon vor Fertigstellung des Modells entstand und damit den Zustand des Projekts vor dem endgültigen Abschluss der Planungen unter Sangallo zeigt. Trotz seines in Teilbereichen offensichtlich ‘hypothetischen Charakters’ kommt dem Blatt also eine nicht geringe Bedeutung hinsichtlich der Kenntnis über die Absichten des Architekten zu. Geringfügige pentimenti und abweichende Vorzeichnungen mit Bleistift deuten darauf hin, dass die Darstellung nicht auf eine (ab)geschlossene Vorlage zurück geht, sondern unter Zusammenfassung mehrerer entstand.

 

78.1.1 Obergeschoss: Teilgrundriss

POSITIONgesamtes Blatt bis auf einen schmalen Streifen am oberen Rand
TECHNIKvielfach freihändige Feder in hellem Braun; Vorritzungen mit Lineal und Zirkel; ausführliche Vorzeichnungen mit Bleistift. — Diese unterschiedlichen Techniken stellen ein gutes Gegenbeispiel zur ‘Bauaufnahme’ auf dem vorhergehenden Blatt (Bl. 77) dar und dokumentieren damit auch gut die Art und Weise, wie der Zeichner einen noch nicht realisierten Zustand festhielt.
HAND: AD
MASSANGABEN / GRUNDMASSp 39 – 5/6“ palmo romano bzw. palmo del modello
MASSSTABungefährer Maßstab der Darstellung (Näherungswert): 1 : 240

 

 








Beispielwerte
palmi
mm Maßstab














Durchmesser Nebenkuppeltambour (lichte Weite) 71 1/2 = 60 1 : 266







Flankenbreite eines Kuppelpfeilers 38 2/3 = 34 1 : 252







Breite des Umgangs außen über alles 265 [—] = 270 1 : 219







lichte innere Länge eines Kreuzarmes lt. Zeichnung 111 [—] = 180 1 : 138







lichte innere Länge eines Kreuzarmes (korrigiert) 211 [—] = 180 1 : 262







achsiale Weite des Kuppelraumes 187 3/4 = 170 1 : 247







Länge des Nebenraums („Ecksakristei“) 64 [—] = 56,5 1 : 253







Breite des Nebenrausm („Ecksakristei“) 62 [—] = 52 1 : 266







Kommentar: Die Zeichnung gibt den Grundriss des Obergeschosses fast über eine gesamte Hälfte des Hauptbaus wieder. Durch das Abbrechen der Zeichnung am linken Blattrand fehlt der dortige Anschluss, weshalb nicht sicher zu bestimmen ist, ob es sich bei dem wiedergegebenen Bereich um die West- oder die Südhälfte des Baues handelt; Nord- und Osthälfte scheiden aufgrund der rechts bzw. oben mittig wiedergegebenen Umgänge aus. Mit hoher Wahrscheinlichkeit ist hier die Südhälfte dargestellt, da dies jener Bereich war, der unter Sangallo vorrangig errichtet wurde.1 Der am linken Blattrand zu erkennende Ansatz zu einem Obergeschossumgang um den – in dieser Interpretation – Ostarm muss nicht gegen diese Deutung sprechen. Tatsächlich zeigt Giovannantonio Dosios bekannte Ansicht des Atriums von Alt-St.-Peter2 mit dem hinter dem Rest des alten Langhauses aufragenden Tambour Michelangelos, dass zumindest die auf der hier vorliegenden Zeichnung gezeigte Eingangswand zum Obergeschossumgang schon errichtet worden war.3

Das Interesse des Zeichners gilt hauptsächlich dem Obergeschossbereich zwischen den Kreuzarmen, dessen innere Raumaufteilung er genauestens wiederzugeben versucht. Entsprechend zeigt der Grundriss einen Schnitt durch die Nebenkuppeln auf dem Höhenniveau der Tambourordnung sowie die Grundrisse der je vier ‘oktogonalen’ Räume, die sich um jeweils einen Nebenkuppeltambour gruppieren sollten. Diese Räume sind als Gruppe diagonal – d. h. um 45°– zu den Hauptachsen der Kreuzarme verschoben und befinden sich über den tonnengewölbten, bei Sangallo gelegentlich mit dem Ausdruck nave piccole bezeichneten Nebenarmen.

Von Silvan, Zander und Docci werden die die Nebenkuppeln umgebenden Räume – anscheinend in Anlehnung an ihre heute übliche Benennung im Vatikan – als „ottagoni“ bezeichnet, obwohl sie sich aufgrund ihrer komplexen Grundrissform nicht ohne Weiteres als solche darstellen: Vielmehr offenbaren die gezeichneten Grundrisse ebenso wie heute noch die entsprechenden Räume im Bau selbst eine von Nischen und Durchgängen sowie rahmenden Abschrägungen unterbrochene Wandfläche, die sich nicht ohne Weiteres auf eine oktogonale Form reduzieren lässt: Ebenso ließe sich von einer Kreisform mit Aus- und Abschnitten sprechen. Da sich der Begriff aber in der Literatur durchgesetzt hat, soll er hier weiterhin verwendet werden, auch wenn eine gewisse Verwechslungsgefahr zu den tatsächlich oktogonalen Ecktürmen des Hauptbaus sowie den oberen Turmgeschossen am Modell besteht.

Auffällig an der Zeichnung sind die sehr vielen und detaillierten Maßangaben, die sich allerdings auf den Quadranten zwischen Süd- und Westarm konzentrieren, nicht jedoch in dem zwischen Ost- und Südarm befinden, obwohl gerade dieser Bereich – auch nach Ausweis der zeitgenössischen Ansichten des Baues – zuerst errichtet wurde. Vermutliche Ursache könnte die – ursprünglich vom Zeichner sicherlich nicht beabsichtigte – Unvollständigkeit der Zeichnung in diesem Teil des Blattes sein; daraus allein ließe sich jedenfalls sicher nicht ableiten, die Darstellung zeige eher die West- als die Südhälfte des Baues, denn die hier im Südost-Quadranten eingetragenen Werte ließen sich aus Symmetriegründen natürlich auf alle anderen Quadranten übertragen.

Umso bemerkenswerter ist, dass sich der Zeichner nicht, wie es bei seiner sonst häufig anzutreffenden Arbeitsökonomie zu erwarten gewesen wäre, auf einen ‘reinen’ Quadranten beschränkte, wofür sich besonders der hier unvollständig gezeigte Südost-Bereich geeignet hätte, da dieser aufgrund seiner Spiegelsymmetrie entlang der diagonalen Hauptachse zugleich zur Repräsentation des Eingangsbereichs wie des in allen Eckbereichen wiederkehrenden Grundrisses hätte dienen können. Vielleicht hatte der Zeichner jedoch eher die Absicht, das Blatt durch Ankleben eines weiteren Teilblattes am linken Rand so zu erweitern, dass sich ein anschauliches Gesamtbild des Baues bis einschließlich zur Fassade ergeben hätte, denn genau deren Grundriss wird man bei aller sonst sehr weit gehenden Vollständigkeit des gesamten Zeichnungskonvoluts im Codex Destailleur D – neben einem Gesamtgrundriss des Erdgeschosses – am meisten vermissen.4 Aber auch die Abweichungen im Grundriss zwischen West- und Osthälfte des Hauptbaus erforderten vermutlich nach Auffassung des Zeichners eine Wiedergabe sowohl des Südwest- wie auch des Südostsektors. Insofern erweist sich also die scheinbare Redundanz der vorliegenden Darstellung als arbeitsökonomisch durchaus sinnvoll.

In der Zeichnung sind einige Korrekturen der Graphitvorzeichnungen durch die Nachzeichnung mit Feder erkennbar; sie betreffen z. B. die Abschrägung der Kuppelpfeiler zum Kuppelraum hin, welche anfangs nicht mit genau 45°vorgezeichnet worden war, und setzen sich an den Seitenwänden des vollständig wiedergegebenen Südarmes fort. Zu interpretieren sind sie vermutlich als Bemühen des Zeichners um eine annähernde Maßstabsgenauigkeit. In anderen Fällen – so bei der Wiedergabe der Ionica an der Außenseite des Baukörpers – sind die Graphitvorzeichnungen dagegen als Vorskizzen zur Disposition des Blattes zu verstehen, da sie von der Ausführung mit Feder nur durch eine Verschiebung abweichen, die auf die Skizzenhaftigkeit der Graphitvorzeichnung zurückgeführt werden kann.

Kaum auffällige Nuancen bzw. pentimenti in der Festlegung der äußeren Halbsäulengliederung an den Ecken des Baus deuten darauf hin, dass dem Zeichner hierfür vielleicht noch keine detaillierte Definition vorlag, diese also erst zwischen Vorzeichnung und Ausführung dieses Blattes getroffen worden sein könnte. Das gleiche gilt für die Schließung der Verbindung zwischen Oktogon-Nebenraum und Fensternische in der Tonnenwölbung des östlichen Kreuzarms.

Die von der Ausführung mit Feder in den Proportionen und Längen z. T. deutlich abweichenden Graphitvorzeichnungen, die besonders an den Gebäudeumrisskanten und in auffälliger Weise gerade an der kritischen Übergangszone vom Umgang zum Hauptbau auftreten, scheinen im allgemeinen jedoch nur zur Disposition der Zeichnung gedient zu haben, da sie keine nennenswerten Abweichungen hinsichtlich der Struktur der Außengliederung aufweisen. Die unterschiedliche Positionierung lässt sich mühelos auf die Freihändigkeit der Vorzeichnung zurückführen.

78.1.1.1 Südost-Eckbau

POSITIONrechte Blatthälfte, mittig
Eckraum: Beide hier wiedergegebenen Eckbauten zeigen jeweils nur den Grundriss eines großen rechteckigen Raumes oder Schachtes, der deutlich im Widerspruch steht zu dem laut Bl. 76v zu erwartenden, mit einer spiralförmigen Rampe ausgestatteten Treppenturm unterhalb der oktogonalen Nebentürme auf den Ecken des Hauptbaukörpers.5 Das vorliegende Blatt dürfte daher zeitlich vor Bl. 76v einzuordnen sein, denn es wäre anderenfalls zu erwarten, dass der Zeichner bei der Auswahl eines Teilbereiches aus dem Gesamtbau für die vorliegende Zeichnung seine Beschränkung so wählt, dass zumindest einer der geplanten Treppen- bzw. Rampentürme in Andeutung erscheint. Die Annahme, dass die Spindelrampen erst oberhalb des Obergeschosses und damit des hier dargestellten rechteckigen Raumes beginnen sollten, erscheint zwar möglich, jedoch weder architektonisch sinnvoll noch statisch denkbar und daher unwahrscheinlich, denn der gesamte Innenaufbau des Turmes müsste anderenfalls auf ein Gewölbe über dem rechteckigen Raum aufsetzen! Die am Blattrand abbrechende Maßlinie für die Ost-West-Ausdehnung des Raumes ist ein deutliches Indiz für die Vermutung, dass das Blatt sich nach links durch Anfügung eines jetzt verlorenen Teilblattes fortsetzen sollte: Das abrupte Abbrechen der Maßlinie scheint sogar dahingehend interpretiert werden zu können, dass dieses anschließende Blatt tatsächlich existiert haben dürfte.

Kreuzarm: Unterhalb des südöstlichen Quadranten erscheint im Kreuzarm eine mit leichter Feder gezogene Linie, deren rechtes Ende durch ein Kreuz markiert ist; es handelt sich also um eine Maßlinie für vermutlich die lichte Länge des hier dargestellen Westarms. Leider ist die Maßzahl selbst nicht erhalten. Sollte der Zeichner sie auf der inzwischen fehlenden und später ergänzten linken unteren Ecke des Blattes notiert haben, so könnte darin – aufgrund der zumeist von ihm angestrebten symmetrischen Eintragung der Maßwerte am Mittelabschnitt einer Maßlinie – ein weiteres Indiz für die Annahme gesehen werden, dass hier ein weiteres Blatt angefügt war oder werden sollte bzw. dass die Länge dieses Armes sich von der der anderen unterscheiden würde. Für den Ostarm erscheint dies aufgrund der Eingangssituation durchaus vorstellbar. Andererseits könnte angenommen werden, der Zeichner habe hier nur eine dritte Eintragung des auch im Süd- und im Westarm erscheinenden – aber offensichtlich falschen – Wertes von „p iii“ [= 111 palmi] für die lichte Länge der Kreuzarme vornehmen wollen. Da in beiden genannten Fällen die Maßlinie zwar nur schwer zu erkennen ist, aber eindeutig von der inneren Begrenzung der Kuppelpfeilerpilaster bzw. der dieser entsprechenden Ecke des Gesimses zum Apsisscheitel verläuft, erscheint es ausgeschlossen, dass der Zeichner mit dieser Maßzahl einen anderen Wert bezeichnen wollte. Es ist deshalb eher daran zu denken, dass ihm hier zweimal derselbe Fehler unterlaufen ist, indem er statt des vermutlich richtigen Wertes von 211 palmi nur 111 palmi notierte. Dies wiederum ist aber ein starkes Indiz für die Annahme, die Zeichnung beruhe auf einer Vorlage, die dann selbst schon diesen Fehler enthalten haben dürfte.

Ein ähnlicher Ansatz einer Maßlinie findet sich im Eingangsbereich zur Oktogongruppe: Die dort angegebenen Maßangaben weichen von denen der anderen vergleichbaren Bereiche (im Südwest-Eckbau) trotz augenscheinlich gleicher Grundrissgestalt deutlich ab; darin wäre ein Indiz dafür zu sehen, dass – wie zu erwarten – am Ostarm eine von den anderen Kreuzarmen abweichende Gliederung des Obergeschosses beabsichtigt war.

 

78.1.1.2 Außenseite

Eckrisalite: Obwohl die von der Ausführung abweichenden Graphitvorzeichnungen für die ionische Ordnung des Außenbaus sich auf die Skizzenhaftigkeit zurückführen lassen, besteht besonders in der Ecklösung die Möglichkeit, dass die dortige Abweichung nicht nur auf eine Verschiebung der Seiten gegeneinander zurückzuführen ist, sondern ebenso Ergebnis einer geringfügigen, aber optisch wirksamen Planänderung in der Eckgestaltung sein kann: Sollte – wie die Bleistiftskizze anscheinend zeigt – hier zuerst ein einfache Ecke vorgesehen gewesen sein, die dann durch Einzug eine Staffelung erfuhr, so würde sich dieses Stadium mit demjenigen decken, dass der Grundriss in der Sammlung der Royal Library in Windsor Castle zeigt.6

Hinweise auf die in den Salamanca-Stichen gezeigten Fensteröffnungen oder Nischen zwischen den Säulenpaaren der Ionica an der Außenseite der Eckrisalite bzw. an den Turmgeschossen finden sich in der vorliegenden Zeichnung lediglich im Südostrisalit, wo sie nur als unmaßstäbliche kleine Skizzen mit Feder ergänzt wurden.

 

 





Maßangaben zur Außenseite der Eckrisalite
palmi
Anmerkung








Tiefe des Eckeinschnitts 6 [—] symmetrisch




Abstand Ecke – Säule 3 5/12 symmetrisch




Durchmesser einer Säule der Ionica 5 3/4




Tiefe einer Säule vor der Wand 4 1/6




Binnenabstand der Säulenpaare der Ionica 7 [—] symmetrisch




Breite der Nische zwischen den Säulenpaaren 3 [—] nur SO-Risalit




Tiefe der Nische zwischen den Säulenpaaren 1 1/3 nur SO-Risalit




Abstand zwischen Säule und Wandfeldrahmen 4 [—] asymmetrisch




Breite des Wandfeldrahmens 4 7/12




Breite des Wandfeldes zwischen den Säulenpaaren 23 [—]




Abstand zwischen innerer Säule und Rahmen 4 5/6




Abstand der inneren Säule zum Wandrücksprung 5 [—]




Rücksprung zum Wandfeld über dem Nebeneingang (außen) 6 5/12 innen: 6 11/12




Breite des Wandfeldes über dem Nebeneingang 23 [—]




Abstand innere Säule – Pilaster am Umgangsansatz 8 [—]




Schaftbreite des Pilasters am Umgangsansatz 4 [—]




Tiefe des Pilasters am Umgangsansatz 3 5/6




Verbindung zwischen Umgang und Hauptbaukörper: Die Ecklösung für den Übergang zwischen Hauptbaukörper und Umgang weist in der vorliegenden Darstellung in allen drei hier wiedergegebenen Ecksituationen folgende Reihung von Elementen der Ionica auf: Halbpilaster / Drittelsäule / weitere, im stumpfen Winkel zur vorhergehenden ansetzende Drittelsäule. Diese Lösung findet sich auch im Aufriss von Bl. 76r sowie am Modell. Sie mag sicherlich nicht als ästhetisch überzeugend angesehen werden können, ist strukturell jedoch durchaus begründet, denn sie kombiniert nur spiegelsymmetrisch die am Eckrisalit aufgrund der Verkröpfung erscheinende Abfolge mit der Außengliederung des Umgangs, was nahezu zwangsläufig zu dem in der vorliegenden Zeichnung dargestellten Resultat führt.
Umgänge: An den Außenwänden der Umgänge fällt ein scheinbar unregelmäßiger Abstand der Ionica-Halbsäulen auf: Seitlich der geschlossenen Nischen stehen sie deutlich enger beieinander als beiderseits der Öffnungen. Allerdings macht der Zeichner am Ostarm durch die wiederholte Maßangabe „p 23“ für die lichte Weite der Öffnungen von Nischen und Öffnungen deutlich, dass beide die exakt gleiche Breite haben sollten, entsprechend also auch die Interkolumnien gleich sind.

 

78.1.1.3 Südwest-Eckbau

Rechteckiger Raum im Eckrisalit: Die angegebenen Innenmaße des Eckraums zeigen, dass er im Gegensatz zu dem von der unmaßstäblichen Zeichnung hervorgerufenen Eindruck, fast quadratisch ist. Merkwürdig ist, dass dieser Raum weder eine Verbindung nach außen noch eine erkennbare Gliederung der Innenwand aufweist, was besonders im Vergleich mit dem relativ großen Detailreichtum der Nebenkuppelräume und der Oktogone auffällt. Daraus ließe sich ableiten, dass es sich entweder lediglich um eine Vorstufe zu einem Entwurf für diesen Bereich handelt oder aber dass eine Ausformulierung nicht notwendig erschien, weil die Zeichnung lediglich für das Modell entstand und diese Räume dort nicht einzusehen sein sollten. Letztere Möglichkeit lässt sich aber wohl aufgrund der an vielen Details der Zeichnungen, z. B. gerade auch anhand des sonstigen Detailreichtums des vorliegenden Blattes, nachzuweisenden und hier dokumentierten Planungen für den konkreten Bau – und nicht nur für das Modell – ausschließen. Zudem sind die hier zu erwartenden Schächte am Modell selbst durchaus einsehbar, womit auch die Modellplanung schon rechnen musste, da ein Zugang von den Nebenarmen jeweils vorgesehen war, wie dies auch Salamancas Grundriss-Stich zeigt.

Die Richtigkeit der ersten Annahme dagegen vorausgesetzt, liefert gerade dieses Detail ein weiteres Indiz für die Datierung der Zeichnung sowohl vor Bl. 76v als auch Bl. 76r. Es scheint, als habe der Zeichner hier lediglich festhalten wollen, welche – möglicherweise baustatisch zu vertretende – Ausdehnung dieser Raum bzw. Schacht im Eckbau erreichen durfte. Die Art und Weise seiner Füllung und damit seine Nutzung wäre somit eine hier noch nicht gelöste Aufgabe, deren Rahmen sowohl durch die Maßangaben als auch durch die schon abgeschlossene Definition der Außenordnung (umlaufende Ionica des Obergeschosses mit ihren begrenzten Möglichkeiten für Fensteröffnungen) abgesteckt war.

 

 





Maßangaben zum Eckturm palmi oncie Anmerkung








Ost-West-Ausdehnung 64 [—]




Nord-Süd-Ausdehnung 62 [—]




Außenwandstärke (max.) 7 5/6 an beiden Außenwänden




Oktogone: Es fällt auf, dass die oktogonalen Nebenräume (Oktogone; „ottagoni“) und die Nebenkuppelräume zwar teilweise mit Zirkel vorgeritzt sind, trotzdem aber auf weitgehend freihändigen Bleistiftskizzen beruhen. Möglicherweise ist hierin ein Indiz dafür zu sehen, dass dem Zeichner selbst zum Beginn der Arbeit an diesem Blatt noch keine abgeschlossene Planung, sondern nur eine Grobdisposition für die Räume vorlag. Diese wurden aber in kurzem zeitlichen Abstand – dann also während der Anwesenheit des Zeichners – geliefert, so dass ihre Eintragung in das Blatt keine erkennbare zeitlich zu begründende stilistische Differenz zu den anderen Bereichen aufweist. Es ergäbe sich daraus ein starkes Indiz für die ‘Planungshypothese’, d. h. die Anwesenheit des Zeichners während der Planungen, wodurch seinen Darstellungen ein erheblich größerer Quellenwert zukäme, als wenn es sich lediglich um nachweislich deutlich später entstandene Kopien nach Vorlagen des Sangallo-Umkreises handelte. Zudem trägt diese Beobachtung zur Erhellung der Arbeitsabläufe innerhalb des ‘Architekturbüros’ Sangallo bei, wonach untergeordnete Bereiche erst nachträglich bzw. in einer abschließenden Phase der Planungen definiert worden und mit dieser Tätigkeit unter Umständen sogar aus heutiger Sicht eher ‘unbedeutende’ Mitarbeiter betraut gewesen sein dürften.

Kleine Kreise in den Oktogonen markieren die Öffnungen in den Kuppelzentren, die die Beleuchtung von oben durch ein kleines Opaion von 9 palmi Durchmesser ermöglichen. Dass hier keine Laternen vorgesehen waren (wie es sie am heutigen Bau dort gibt), wird aus der Querschnittdarstellung ersichtlich.7

Sangallos Bestreben bestand offensichtlich darin, die Hauptkuppel nicht in sehr geringem Abstand mit künstlich emporgehobenen Nebenkuppeln über den tatsächlichen Schnittpunkten der Nebenarme zu umgeben, da sie sich zwar dem ‘4-um-1-Schema’ untergeordnet, aber den Gesamteindruck der Kuppel erheblich beeinträchtigt hätten. In der statt dessen gewählten Form entsprachen zwar Innen- und Außenbau sich nicht mehr buchtstäblich, dafür jedoch kamen der Doppeltambour der Kuppel und deren Solitärfunktion bedeutend besser zur Wirkung.

In drei der vier in diesem Quadranten wiedergegebenen Oktogone sind freihändige Kreise eingezeichnet, deren Durchmesser im nördlichen, dem Westarm am nächsten gelegenen Oktogon, mit „p 46“ angegeben ist. Hierbei muss es sich um den lichten Innendurchmesser des jeweiligen Kuppelfußgesimses handeln. Das Verhältnis von Öffnungsweite des Opaions zu diesem Durchmesser (9 p : 46 p ~= 1 : 5) entspricht fast demjenigen des Pantheon (9 m : 43,5 m ~= 1 : 4,83) und dürfte damit ebenfalls wie dort für eine entsprechend ausreichende Beleuchtung gesorgt haben, wenn nicht die Planungen für das Dach selbst8 aufgrund der Überdeckung dieser Öffnungen mit Gauben eine Verdunkelung nach sich gezogen hätten. Auf Bl. 82r fehlen die Gauben allerdings noch, so dass man hier eine ungefähre Zeitgleichheit der beiden Darstellung aufgrund des nahezu identischen Planungsstandes annehmen kann, der selbst wiederum vor demjenigen der Blätter liegt, welche Dachgauben zeigen.

Im westlichen Oktogon ist zusätzlich zu dem eben diskutierten Wert des lichten Innendurchmessers der Gesamtdurchmesser des umschreibenden Kreises eines Oktogons mit dem Wert „p 56“ angegeben. Zwar erfasst dieser Umkreis auch die rechteckigen Nischen in den Wänden, deren Tiefe mit „p 3 2/3“ angegeben ist, nicht jedoch die weiteren, in deren Rückwand eingeschnittenen Vertiefungen von einem 3/4 palmo.

Während das Wegesystem der Oktogone untereinander und von diesen zu den Obergeschossen der Umgänge genauestens und mit Maßen wiedergegeben ist, fehlen sowohl Hinweise auf die in den Kuppelpfeilern schon seit Bramante vorhandenen Spindeltreppen als auch Anbindungen an andere Treppen: D. h. die Zugänglichkeit des gesamten hier dargestellten Obergeschossbereiches vom Erdgeschoss aus bleibt eine offene Frage, zumal auch zum rechteckigen Raum im Eckrisalit keine Verbindung besteht! Dass Sangallo diese Räume nicht hätte nutzen wollen, ist sicherlich auszuschließen; aber auch heute ist das Archiv der Fabbrica, das sich in den zwei kuppelpfeilernahen Oktogonen des hier besprochenen Quadranten befindet, nur über die Spindelrampe (bzw. den dort eingebauten Fahrstuhl) möglich, die sich seit Michelangelos Planänderung im südlichen Konterpfeiler befindet.

Statt dessen aber haben die Satellitenräume Verbindungen nach außen zu den Fensteröffnungen über den Nebeneingängen im Ionica-Geschoss, zu den Obergeschoss-Umgängen und – allerdings nur in dem nicht ganz eindeutigen Fall des Nordoktogons – in den Kirchenraum: Der unklare Fall des Nordoktogons zeigt in einer sowohl als Gang als auch als abgeschlossene Wand interpretierbaren freihändigen Zeichnung eine Verbindung zwischen der nächstgelegenen Oktogonnische und der gegenüberliegenden rechteckigen Wandvertiefung, die den Endpunkt eines der Lichtschächte bildet, über die die Kreuzarme seitlich in den Tonnengewölben beleuchtet werden sollten. Da diese Verbindung in den drei anderen entsprechenden Fällen nicht besteht und hier – wie gesagt – nur zweideutig skizziert ist, wird man annehmen dürfen, dass die geschlossene Variante diejenige darstellt, die zur Realisierung vorgesehen war, womit sich im Umkehrschluss ein – wenn auch schwaches Indiz für eine Datierung des Blattes ergibt, denn es kann nicht ausgeschlossen werden, dass die hier als Öffnung erscheinenden Linien nur auf einem Fehler des Zeichners beruhen.

Die sich aus der Annahme einer kurzzeitig erwogenen Planungsvariante ergebende relative Datierung dieses Blattes dürfte auf eine Entstehung vor Bl. 93v verweisen.9 Eine Stütze findet diese Vermutung in der Beobachtung, dass in der vorliegenden Zeichnung noch keine Klarheit über die Verbindung der großen Lichtöffnung ungefähr in der Mitte des Hauptarm-Tonnengewölbes mit dem dahinter liegenden Oktogon vorzuliegen scheint: Die in Bl. 93v gezeigte Lösung scheint scheint die endgültige Version zu sein: Ein Experimentieren mit einer Verbindung zum Oktogon, wie es die vorliegende Zeichnung zeigt, scheint eher denkbar für einen Planungszustand, der noch nicht so festgelegt war, wie es die sichere Darstellung auf Bl. 93v suggeriert.

 

 




Maßangaben zu den Oktogonen
palmi






Durchmesser (Kranzgesims) 46 [—]



Durchmesser (Nischenrückwände) 56 [—]



Durchmesser Opaion 9 [—]



Abstand der Nischen untereinander 12 7/12



lichte Weite einer Nische 11 1/4



Tiefe einer Nische 3 2/3



Tiefe der Flachnischen im Nischenhintergrund [—] 3/4



Breite der Flachnischen 7 1/2



lichte Weite der Verbindungsgänge 7 1/2



lichte Weite der Öffnung zum Nebenkuppelraum 8 7/12



Länge der Verbindung Nebenkuppelraum – Ostoktogon 8 [—]



  –Südoktogon 10 [—]



  –Westoktogon 10 [—]



  –Nordoktogon 8 [—]



Breite eines Nischenrahmens 1 5/6



Tiefendifferenz zw. Nischenrahmen u. Wand [—] 2/3



Länge der Verbindung Ost-Oktogon – Außenwand 12 [—]



Länge der Verbindung Süd-Oktogon – Außenwand 13 [—]



Nebenkuppeln: Keiner der beiden in der Zeichnung wiedergegebenen Nebenkuppelräume weist eine mittlere Scheitelöffnung auf, d. h. eine direkte Beleuchtung der Nebenkuppeln war nicht vorgesehen. Tatsächlich fehlen entsprechende Öffnungen auch im Schnitt des Nebenarms auf Bl. 82r.10 Eine Beleuchung der Nebenkuppel hätte also nur indirekt über die Oktogone und deren Verbindungsgängen nach außen sowie über künstliche Lichtquellen erfolgen und daher nur sehr schwach sein können: Die sicherlich nicht notwendige Schließung der Nebenkuppelscheitel und damit die Verdunkelung der darunter liegenden Räume dürfte somit als ein starkes Indiz für Sangallos hierLichtregieangenommenes Konzept für eine hierarchische Lichtführung gelten, denn nur in diesem ergibt sie als Mittel zur bedeutungsgerechten Abschwächung der Nebenkuppeln gegenüber dem Hauptkuppelraum einen Sinn.

Die Maßangabe der vorliegenden Zeichnung für den Säulenschaftdurchmesser der kompositen Ordnung des Nebenkuppeltambours stimmt zwar mit der von Bl. 92v überein,11 jedoch besteht die Ordnung dort aus den Halbsäulen und dahinter liegenden Pilastern, die im vorliegenden Blatt nicht eindeutig als solche erkennbar sind.

 

 




Maßangaben zum Südwest-Nebenkuppeltambour
palmi






Gesamtdurchmesser 71 1/2



Durchmesser der Säulenschäfte 2 1/6



Breite des Wandfeldes hinter einer Säule 4 [—]



Abstand der Vorderseite der Säule zur Rückwand 1 2/3



lichte Weite der Nischen 8 7/12



Tiefe der Nischen 4 5/12



Länge der Öffnungen zu den Verbindungsgängen nach SW und NW 11 [—]



— nach SO und NO 12 [—]



78.1.1.4 West-(Chor-)-Apsis

POSITIONrechte untere Blattecke
Kommentar: Diese, aufgrund des Schnittes entlang der Ost-West-Mittelachse des Baus nur zur Hälfte wiedergegebene Apsis zeigt trotzdem im Vergleich zur vollständigen Südapsis deutlich mehr detaillierte Maßangaben. Darunter befindet sich u. a. die Angabe des Abstandes der beiden wiedergegebenen Lisenen der Apsiskalotte mit „p 44“. Auffällig ist, dass der Zeichner den Apsisverlauf zwar sehr detailliert mit Zirkel und Lineal in Bleistift vorgezeichnet hatte, in der Ausführung jedoch die gesamte Kreislinie nach außen verschob.

Scheinbare Änderung des Apsisverlaufs: Die geringfügige Verschiebung der Apsisdarstellung – nach der hier vorgeschlagenen Interpretation für die Orientierung der gesamten Zeichnung also die des (westlichen) Chorarms – könnte auf eine Berücksichtigung der vorhandenen Bausubstanz des Bramante-Chores deuten. Dazu wären die Maßangaben mit denjenigen entsprechender Bauaufnahmen bzw. Entwurfszeichnungen Sangallos in den Uffizien zu vergleichen.12

Durch die Verschiebung der Kreislinie entsteht vordergründig der Eindruck, auch deren Radius sei leicht verändert worden; dies bestätigt sich aber beim Nachmessen – im Rahmen der zeichnerischen Genauigkeit – nicht: In beiden Fällen beträgt der Radius ca. 60 mm. Erst durch die Verschiebung werden beide Kreuzarme (fast) genau gleich lang,13 was den Schluss nahelegt, dass es sich bei der Änderung vor allem um die Korrektur eines eigenen Fehlers durch den des Zeichner handeln dürfte.

78.1.1.5 Umgangsobergeschosse

Der vorliegende Grundriss zeigt in beiden Umgangsobergeschossen eine weitere deutliche Abweichung gegenüber dem Modell sowie anderen Darstellungen wie z. B. Bl. 81r:14 Während dort die äußeren Lichtschachtöffnungen für die inneren Apsidenfenster auch den Fußboden des oberen Umgangs erfassen und diesen somit aufgrund dieser Öffnungen praktisch unbenutzbar machen, enden die Einschnitte laut vorliegender Zeichnung planparallel mit der Innenwand des oberen Umgangs. Die Signifikanz des Unterschieds ist am häufiger abgebildeten, aufklappbaren Nordarm des Modells leicht nachzuvollziehen. Die hier dargestellte Variante ist also zweifellos die frühere; denn die spätere garantiert zwar eine höhere Lichtausbeute, verhindert aber gleichzeitig die Benutzung des Umgangsobergeschosses: Solange dort keine Abgrenzungen wie Balustraden oder ähnliches – auf die in allen Darstellungen jegliche Hinweise fehlen – diese Öffnungen im Boden umgeben sollten, stellten sie sicherlich eine Gefahrenquelle dar. Auch wenn dies als eine zu moderne Betrachtungsweise erscheinen mag, so bleibt festzuhalten, dass die – auch vom Zeichner selbst (später) dargestellte weitere Öffnung der Lichtschächte zugunsten einer größeren Lichtausbeute keinerlei Rücksicht auf die Benutzbarkeit der Umgangsobergeschosse nahm. Die damit erreichte größere Helligkeit im Apsisbereich der Kreuzarme lässt sich durchaus im Sinne der unterstellten Absichten Sangallos hinsichtlich einer Lichtdramaturgie deuten, denn diesen Bereichen des Innenraums kam zweifellos – neben dem Zentrum – die größte Bedeutung auch in liturgischer Hinsicht zu: Die Bevorzugung der Apsiden für die Aufstellung von Papstgräbern in den durch Michelangelo geschlossenen Nischen ist ein deutliches Indiz hierfür. Zwar kann man sich in den nach Sangallos letzten Planungen als Durchgänge geöffneten Nischen kaum Grabmäler oder gar Altäre vorstellen, es bliebe aber durch eine einfache Schließung der Türen die Möglichkeit zu ihrer Aufstellung jedenfalls erhalten.

Gerade am Beispield der Umgangsobergeschosse ist gut zu erkennen, dass der gesamte in der vorliegenden Zeichnung wiedergegebene ‘Grundriss’ eigentlich als Horizontalschnitt zu verstehen ist, dessen Schnittniveau oberhalb des eigentlichen, im gesamten dargestellten Bereich jedoch anscheinend nicht einheitlichen Fußbodenniveaus dieses Geschosses liegt (vgl. z. B. die Außenseite der Umgänge). Aber auch dann sollte man erwarten können, dass der Zeichner ein so wichtiges Detail wie die auffälligen Öffnungen im Boden des Umgangsobergeschosses wiedergegeben hätte, wenn ihm entsprechende Informationen (Pläne oder das Modell selbst) schon zum Zeitpunkt der Anfertigung dieses Blattes vorgelegen hätten.

Die Übergänge von den Umgangsobergeschossen zu den jeweils nächstliegenden Oktogonen weichen in der Wandgestaltung deutlich von der Schnitt/Aufriss-Kombination in Bl. 83r ab:15 Sie weisen nicht nur auf Bl. 83r an der Stirnseite des Ganges eine zusätzliche Einziehung auf, sondern es unterscheiden sich auch die Maßangaben wie z. B. diejenige für die Breite des der abschließenden Nische vorgelagerten Einzugs deutlich voneinander: Die 9 1/6 palmi auf Bl. 78r an der Innenwand lassen sich kaum mit den 16 1/3 palmi auf Bl. 83r an der Außenwand in Übereinstimmung bringen – auch bei Berücksichtigung des hier natürlich größeren Kreisbogensegments.

Am Modell fehlt dieser Eingang ganz: Er ist dort durch eine flache, nur mittels des horizontal durchlaufenden Kämpfergesimses gegliederte Wandfläche abgeschlossen. Dies ist zum einen sicherlich auf eine bloße Vereinfachung im Herstellungsprozess des Modells zurückzuführen, könnte aber zum anderen auch aus dem ‘Funktionsverlust’ des Umgangs aufgrund der vergrößerten Lichtschächte zurückzuführen sein, der einen aufwendig gestalteten Zugang weitgehend überflüssig machte.

An den noch unter Sangallo ausgeführten Teilen des Baus scheint jedenfalls die in der vorliegenden Zeichnung sowie in der Skizze auf Bl. 81v16 wiedergegebene Lösung für den Eingang zur Verbindung zwischen Umgang und Oktogon ohne eine über dem Eingang liegende eigene Nische realisiert worden zu sein: Nur so ist die Wiedergabe einer vergleichbaren Fläche in Dosios bekannter Zeichnung des Atriums von Alt-St.-Peter mit dem dahinter aufragenden Neubau zu interpretieren (Uff. 2555 A). Sie zeigt die beiden, durch unterschiedliche Schraffierung deutlich voneinander abgehobenen Öffnungen17 sowie die Pilasterordnung der nach Osten gerichteten Eingangswand zu einem dem Obergeschossumgang der anderen Kreuzarme vergleichbaren Raum um den Ostarm in Vorderansicht.18 Dass es sich dabei nicht um ein Fragment eines Umganges im eigentlichen Sinne handeln kann, da der Ostarm durch seine abweichende Gestaltung und Funktion eine andere Form erhalten musste, braucht dabei nicht als Argument gegen die Interpretation dieser Darstellung angesehen zu werden: Es ist durchaus vorstellbar und sogar wahrscheinlich, dass Sangallo auch in diesem Bereich eine konsequente, weitestgehend gleichartige Gestaltung selbst der kaum zugänglichen Baudetails vorgesehen hatte. Sollte Dosios Darstellung korrekt sein, wäre dies zusätzlich ein starkes Argument für die These, dass zumindest einige der Abweichungen zwischen den erhaltenen Plänen und Ansichten und dem Modell lediglich auf Vereinfachungen bei dessen Herstellung und also nicht auf tatsächliche Planungsänderungen zurückzuführen sind! Dies unterstreicht wiederum die Bedeutung der Zeichnungen gegenüber dem Modell, dass demnach nicht als die vollständige Repräsentation der Absichten des Architekten und daher Hauptziel seines Wirkens für St. Peter in den letzten Lebensjahren angesehen werden darf.

Die erheblichen Abweichungen in Maßangaben und Gestaltung zwischen dem hier wiedergegebenen Umgangsobergeschoss und dem Aufriss der Innenordnung an der Außenwand des Umgangsobergeschosses in Bl. 83r lassen sich nur als Ergebnisse von Planänderungen interpretieren, wobei das vorliegende Blatt offensichtlich den früheren Zustand zeigt.

 




Maßangaben zu den Umgangsobergeschossen
palmi






Breite eines Wandpfeilers (hinter einer Säule der Ionica) außen 15 [—]



Tiefe eines solchen Wandpfeilers 14 3/4



Breite des Pilasters an der Innenseite dieses Wandpfeilers 7 3/4



Tiefe des Pilasters vor der Pfeilerwand 4 [—]



Abstand des Pilasters zum Gegenüber auf der Umgangsinnenseite 40 [—]



Breite des Pilasters an der Umgangsinnenwand 5 5/6



Abstand des Pilasters innen zur Rückwand 4 [—]



Breite des Wandpfeilers an der Innenseite der Apsis 4 1/2



lichte Weite einer Öffnung vom Umgang in die Apsis innen 10 2/3



lichte Weite einer Öffnung vom Umgang in die Apsis im Umgang 14 [—]



Stärke der Umgangsinnenwand 19 [—]



lichte Weite einer Außenöffnung zwischen den Wandpfeilern 23 [—]



Breite eines Wandpfeilers hinter Ionica-Doppelsäulen (2 × 15 + 23) 53 [—]



Breite des Pilasters an der Innenseite dieses Wandpfeilers 27 1/6



Abstand des Pilasters zur Wandvorlage dahinter 3 [—]



seitlich hinter dem Pilaster hervortretende Breite der Wandvorlage 4 [—]



Breite des Pilasters gegenüber an der Umgangsinnenwand 17 1/6



Breite der Lisene in der Apsiskalotte (unterer Ansatzpunkt) 11 2/3



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