verso: St. Peter: Fassadengiebel, Ionica, Korinthia
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[90.2.1] |
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[90.2.9.1]
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[90.2.10.1]
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[90.2.4.1] | [90.2.9.4] | [90.2.10.4] | ||||||
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[90.2.2] |
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[90.2.10.3] | |||||||
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[90.2.4.3]
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[90.2.9.3] | ||||||||
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[90.2.4.4]
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[90.2.3] | [90.2.4.2] |
[90.2.9.2]
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[90.2.10.2]
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[90.2.6] | [90.2.7] | ||||||||
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[90.2.5] | [90.2.8] | ||||||||
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Vorbemerkung: NUMERIERUNG / POSITION:
„28“ / linke Blatthälfte, oben mittig
„24 et 25” / rechte Blatthälfte, oben mittig; „et 25“ von fremder Hand später ergänzt
Anmerkung: Die Numerierung durch den späteren Besitzer macht deutlich, dass das Verso im ursprünglichen Band die Außenseite einer Lage bildete, so dass die heute scheinbar gegenüberliegenden Blatthälften nicht gleichzeitig einzusehen waren. Die Vereinigung von zwei nicht zusammengehörigen Gruppen von Ordnungen (linke Blatthälfte: Benediktionsloggia; rechte Blatthälfte: obere Turmgeschosse) deutet zudem darauf hin, dass eine ähnliche Situation auch schon während der Anfertigung der Zeichnungen vorlag. Dies wäre ein Indiz dafür, dass die ursprüngliche Bindung – nicht jedoch die Numerierung – zumindest in Teilen vielleicht doch schon auf den Anonymus Destailleur selbst zurückgeht. Andererseits ließe sich als Erklärung auch vermuten, dass der Zeichner in dem Kompilationsprozess, in dem die Zeichnungen offensichtlich entstanden, auf eine sinngemäße Zusammenstellung nur begrenzt Wert legte.
90.2.1 Giebel der Benediktionsloggia
POSITION: linker obere Ecke (4. Quadrant der linken Blatthälfte)
TECHNIK: nur in wenigen Details freihändige Feder in Braun; Lineal, Vorzeichnungen
HAND: AD
Anmerkung: Da bis auf die – möglicherweise spätere – Beischrift keine handschriftlichen Eintragungen vorliegen, bleibt die Zuschreibung mit einer gewissen Unsicherheit behaftet, lässt sich aber mit Blick auf die anderen Teilzeichnungen des Blattes aufgrund der Gleichheit von Tinte, Feder und Technik rechtfertigen.
BEISCHRIFT / POSITION:
„secõde estanse de la / facade del portige“ / unterhalb des Konsolgesimses
MASSSTAB: Aufgrund der fehlenden Maßangaben lässt sich ein Maßstab kaum angeben.
Kommentar: Die architektonischen Details sowie die Beischrift verdeutlichen – im Gegensatz zu dem über die Beischrift „portige“ auf dem Recto Gesagten –, dass es sich hier nicht um einen der Giebel handelt, die die Ionica des Obergeschosses an den Risaliten bekrönen, sondern um den Hauptgiebel der Fassade über der Benediktionsloggia. Dementsprechend dürfte es sich bei dem ohne Radius angegebenen faszierten Archivoltenbogen der darunter befindlichen Teilzeichnung um denjenigen der Benediktionsloggia handeln. Die Darstellung vereinigt den orthogonalperspektivischen Aufriss der rechten Hälfte des Giebels mit dem Profil des Konsolgesimses. Die Vorzeichnungen lassen den Schluss zu, dass dem Zeichner eine Vorlage zur Verfügung stand, der er die Proportionen entnehmen konnte. Umso stärker fällt das Fehlen jeglicher Maßangaben ins Auge: Es lässt sich aber dadurch erklären, dass zumindest für den Bereich des Gesimses die Maße durch die Darstellung des oberen Mezzanins auf dem Recto in [90.1.1] schon vorhanden waren und sich die Teilmaße für den Giebel daraus weitgehend ableiten ließen.
90.2.2 Profil der Archivolte vom Bogen der Benediktionsloggia
POSITION: am linken Blattrand unterhalb von [90.2.1]
TECHNIK: Feder in Braun; Lineal, Zirkel
HAND: AD
BEISCHRIFT / POSITION: „M“ / in der zweiten Faszie
MASSANGABEN / GRUNDMASS: „p 3 7/12“ / „palmo del modello“
MASSSTAB: ungefährer Gesamtmaßstab der Zeichnung: 1 : 30 [ Modellmaßstab]
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Beispielwerte |
palmi
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mm | Maßstab | |||
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Gesamthöhe von der Oberkante | 4 | 1/3 | = | 31 | → | 1 : 31 |
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Abstand der obersten Faszie von der Oberkante | 1 | - | = | 8 | → | 1 : 28 |
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Abstand der mittleren Faszie von der Oberkante | 2 | 7/12 | = | 19 | → | 1 : 30 |
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Kommentar: Unterhalb der Teilzeichnung [90.2.1], aber sicherlich inhaltlich zu ihr gehörig, ist ein Stück einer mit „M“ gekennzeichneten, dreifach faszierten Archivolte mit zwischen die Faszien eingelegten Rundstäben unter Angabe aller Maße in der Kombination aus orthogonalperspektivischem Aufriss und Profilschnitt wiedergegeben. Hierbei handelt es sich offensichtlich um den die Benediktionsloggia rahmenden Bogen. Während der Zeichner alle Detailmaße genauestens wiedergibt, fehlt – wie auch in allen vergleichbaren Darstellungen des Anonymus Destailleur – jeglicher Hinweis auf den Radius des Bogens sowie die Tiefenerstreckung der diesen bildenden Steinlagen. Ebenso fällt auf, dass die Zeichnung trotz des Zirkelgebrauchs keinen einheitlichen Maßstab aufweist. Auch dürfte der ohne Maßangaben versehene Abstand zum Giebel wohl nicht umstandslos als proportionsgerecht angesehen werden; vielmehr scheint die Anordung der beiden Teilzeichnungen nur andeuten zu sollen, dass diese beiden Details überhaupt zusammen gehören.
90.2.3 Archivoltenprofil „G“ des Erdgeschossbogens
POSITION: am linken Blattrand, unterhalb der Mitte und unter [90.2.2]
TECHNIK: freihändige Feder in Braun; keine technischen Hilfsmittel
HAND: AD
BEISCHRIFT / POSITION: „G“ [Verweisbuchstabe] / rechts unterhalb der Skizze
MASSANGABEN / GRUNDMASS: „p 2 7/12“ / „palmo del modello“
MASSSTAB: ungefährer Gesamtmaßstab der Zeichnung: 1 : 30 [≈ Modellmaßstab]
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Beispielwerte |
palmi
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mm | Maßstab | |||
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Gesamthöhe von der Oberkante | 4 | 1/4 | = | 31 | → | 1 : 31 |
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Abstand der obersten Faszie von der Oberkante | 1 | 1/6 | = | 9 | → | 1 : 29 |
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Abstand der mittleren Faszie von der Oberkante | 2 | 2/3 | = | 20 | → | 1 : 30 |
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Kommentar: Unterhalb des Archivoltenprofils der Benediktionsloggia ist – auffälligerweise freihändig – wiederum in der Kombination aus orthogonalperspektivischem Teilaufriss und Profilschnitt ein Archivoltenprofil dargestellt, das aufgrund der Position auf dem Blatt und der Größenmaße als dasjenige über dem Eingangsbogen unter der Benediktionsloggia identifiziert werden kann. Auffällig ist dabei, dass beide Bögen sich in der Profilierung deutlich unterscheiden: Während der Loggienbogen dreifach fasziert ist, weist der Eingangsbogen trotz annähernd gleicher Stärke von „p 4 1/4“ – also nur nur 1/12 palmo weniger als der Loggienbogen, dessen Höhe „p 4 1/3“ beträgt – nur zweiFaszien auf. Aufgrund der Höhe des Loggienbogens wird dessen feinere Gestaltung durch die Entfernung zusätzlich unterstrichen, so dass hierin eindeutig eine gestalterische Nobilitierung zu erkennen ist. Auch in dieser Zeichnung fehlen Angaben zum Radius des Bogens und zur Tiefe.
90.2.4 Ionica des Obergeschosses
Die Darstellung zerfällt in vier Detailzeichnungen, von denen zwei die Ordnung sowie zwei das Kapitell wiedergeben; die Wiederholung des Kapitells dient offensichtlich zur besseren Veranschaulichung, denn die obere Skizze wird durch sich überlagernde Linien, deren Sinn nicht deutlich ist bzw. die auf einer fehlerhaften Eintragung eines Kalathos beruhen, verunklart. Dieser erscheint in der darunter liegenden Zeichnung in korrekter Position.
In den Teilzeichnungen erscheinen einige Abweichungen von der Formensprache einer klassischen Ionica:7 Zu der hier wiedergegebenen Form ließen sich bisher weder unter den in den Florentiner Uffizien erhaltenen Antikenstudien aus dem Sangallo-Umkreis Vorbilder finden, noch ist unter den von zeitgenössischen Architekten entworfenen Ordnungen eine Parallele auszumachen. Da diese Ordnung zudem an einer der prominentesten Stellen des Baus – wenn nicht sogar der repräsentativsten überhaupt – erscheint, korrigiert sie offensichtlich durch ihre Abweichungen vom Kanon das vorherrschende Bild von Sangallo als dem ‘strengen Vitruvianer’ und Klassizisten auf bemerkenswerte Weise.
90.2.4.1 Gebälk, Kapitell, oberer Teil des Säulenschafts
POSITION: rechte Hälfte der linken Blatthälfte = 2. Viertel des Blattes
TECHNIK: kaum freihändige Feder in Braun; Lineal, Zirkel; Vorzeichnungen; Rasuren (am Architrav)
HAND: AD
BEISCHRIFT / POSITION: „secõde estanse / del portige“ / am Pilaster- bzw. Säulenschaft unterhalb des Kapitells
MASSANGABEN / GRUNDMASS: „p 4 7/12“, am Architrav auch „p 4 5/12 1/24“ / „palmo del modello“
MASSSTAB: ungefährer Gesamtmaßstab der Zeichnung: 1 : 29 [annähernd Modellmaßstab]
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Beispielwerte |
palmi
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mm | Maßstab | |||
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Gesamthöhe Gesims | 5 | [—] | = | 37 | → | 1 : 30 |
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Gesamthöhe Fries | 2 | 3/4 | = | 22 | → | 1 : 28 |
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Gesamthöhe Architrav | 3 | 1/2 | = | 26 | → | 1 : 30 |
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Gesamthöhe Kapitell | 2 | 1/12 | = | 16 | → | 1 : 29 |
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Kommentar: Die sehr saubere Darstellung zeigt den oberen Teil der Ordnung in der üblichen Kombination aus orthogonalsperspektivischem Aufriss und Profilschnitt mit allen Maßen. Besonders fallen die Rasuren an den Faszien des Architravs auf, wo die ursprünglichen Senkrechten durch leicht nach links verschobene Linien ersetzt wurden, da der Zeichner hier offensichtlich zuerst einen geraden Architrav ohne Faszien dargestellt hatte. Dies scheint aber lediglich ein Irrtum seinerseits gewesen zu sein und kaum auf eine Planänderung zurückführbar.
Ein weiteres besonderes Merkmal sind die Schraffuren am Kapitell, die dessen Plastizität wiedergeben sollen, wobei sie keine Rundung des Kapitells in der Tiefe anzeigen und dieses somit als Pilasterkapitell darstellen. Dies wird durch den mittels gerader horizontaler Schraffuren hervorgerufenen ‘flachen’ Charakter des darunter liegenden Schaftansatzes deutlich unterstrichen. Gerade hinsichtlich der sorgfältigen Darstellung des Kapitells fällt jedoch auf, dass dieses keinen Eierstab beinhaltet.8 Diese Abweichung vom Formenkanon der klassischen Ionica hat ihre Ursache vielleicht darin, dass Sangallo – den man hier wie in allen anderen Fällen sicherlich als den Urheber, zumindest jedoch als denjenigen, der die Entwürfe ‘genehmigt’ hatte, ansehen können wird – hiermit der abweichenden Funktion dieser speziellen Ionica als ‘Kämpferordnung’ der Loggienarchivolte Rechnung tragen wollte.
Die eigens vom Zeichner angegebene Benennung der Ordnung deutet darauf hin, dass er sich der Unterschiede zur ansonsten am Obergeschoss des Hauptbaus umlaufenden Ordnung bewusst war und diese festhalten wollte.9
90.2.4.2 unterer Teil des Säulenschafts, Basis, Plinthe, Sockel
POSITION: mittig am rechten Rand der linken Blatthälfte
TECHNIK: selten freihändige Feder in Braun; Lineal;Vorzeichnungen
HAND: AD
BEISCHRIFT(EN) / POSITION: vgl. oben unter [90.2.4.1]
MASSANGABEN / GRUNDMASS: „p 1 1/12“ / „palmo del modello“
MASSSTAB: ungefährer Gesamtmaßstab: 1 : 40
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Beispielwerte |
palmi
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mm | Maßstab | |||
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oberer Torus und Kehle der Basis | 1 | 2/3 | = | 13 | → | 1 : 29 |
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Plinthe und unterer Doppeltorus | 2 | 1/12 | = | 9,5 | → | 1 : 49 |
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Höhe des Sockelfrieses | 2 | 1/4 | = | 12,5 | → | 1 : 40 |
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Kommentar: Besonders auffällig ist die Diskrepanz zwischen der scheinbar exakten, sauberen Darstellung, die durch die nachträglichen Rasuren sowohl Korrekturen eine sogar gesteigerte Verlässlichkeit suggeriert, und der Unmaßstäblichkeit der Darstellung, die nicht nur keine Einheitlichkeit mit der darüber stehenden Teilzeichnung – als deren Fortsetzung sie erscheint – erkennen lässt, sondern sogar innerhalb der Zeichnung selbst nicht gewahrt bleibt. Dies ließe sich – wie in den ähnlichen Fällen z. B. auf dem Recto des Blattes – damit erklären, dass dem Zeichner die (schnelle) Erfassung bzw. Wiedergabe der Einzelwerte wichtiger war, als die Wahrung einer Maßstäblichkeit, die sich aus den aufgenommenen Maßen in möglicherweise später auszuführenden Reinzeichnungen zudem ohne Weiteres wieder herstellen ließ.
Auf den ersten Blick scheint eine Verbindung zur oberen Teilzeichnung [90.2.4.1] beabsichtigt gewesen zu sein – darauf deuten zumindest das weit hinab reichende Lot sowie die Versetzung der Außenkante des Pilasters, die für diesen also eine Verjüngung bedeutet. Aber weder finden sich in der vorliegenden Teilzeichnung Lotmaße zu dem Lot aus Teilzeichnung [90.2.4.1], noch stellt eine Angabe der Schafthöhe eine Verbindung zwischen beiden Teilzeichnungen her. Damit ist die Wiedergabe der Ordnung hier aber unvollständig. Aufgrund der Abweichungen der Ordnung von klassisch-kanonischen Vorbildern ließen sich diese hier auch nicht aus vertrauten Verhältnissen ableiten:
An der Basis fällt die ungewöhnliche, jedoch an Vitruv angelehnte Abfolge der Profile auf: Einem oberen, starken Wulst folgen ohne Unterbrechung durch eine Kehle ein schmaler Doppeltorus, eine ebenfalls große Kehle und die Wiederholung des Doppeltorus, mit dem die Basis dann direkt auf der Plinthe aufsetzt. Mit dieser Abfolge scheint der Anonymus Destailleur Probleme gehabt zu haben, denn seine Bemaßung fasst die Plinthe mit dem unteren Doppeltorus zusammen, statt diesen der restlichen Basis zuzuordnen.
Anmerkung: Rechts unterhalb dieser Teilzeichnung erscheint direkt am Mittelfalz eine Addition von der Hand des Zeichners:
102 | 1/2 |
150 | |
252 | |
Ihre Zuordnung ist noch nicht klar; aufgrund der Werte, die sicherlich palmi-Angaben darstellen, könnte es sich um die Einzelhöhen der Geschosse der Benediktionsloggia und die daraus resultierende Gesamthöhe handeln. Der ‘Rechenfehler’ könnte auch darauf zurückzuführen sein, dass der Zeichner hier nur einen Überschlagswert ermitteln wollte. Eine zweite Möglichkeit wäre, dass der an der Summe fehlende Betrag „1/2“ vielleicht deshalb fehlt, weil er beim Schreiben auf ein angrenzendes Blatt geraten sein könnte. Dies ergäbe ein Indiz dafür, dass die Blätter zumindest z. T. schon vom Zeichner zusammengefasst und geheftet wurden, eventuell sogar in der Ordnung, die die späteren Bände aufwiesen. Jedoch findet sich auf Bl. 97v (linker Rand), das sich hier aufgrund der Falze passgenau anschließen lässt, an dieser Stelle keine Zahlenangabe. Die Genauigkeit, mit der sich beide Blätter aber aneinanderfügen lassen, zeigt zumindest, dass Bl. 97 nach seiner Einbindung in den Band I nicht mehr beschnitten wurde.
90.2.4.3 Grundriss des ionischen Pilasterkapitells
POSITION: ungefähr im Zentrum der linken Blatthälfte, unterhalb von [90.2.2] und [90.2.4.1]
TECHNIK: freihändige Feder in Braun
HAND: AD
MASSANGABEN / GRUNDMASS: „p 1 7/12“ / „palmo del modello“
MASSSTAB: ungefährer Gesamtmaßstab der Zeichnung: 1 : 34
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Beispielwerte |
palmi
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mm | Maßstab | |||
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Gesamtbreite | 8 | [—] | = | ca. 55 | → | 1 : 33 |
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Breite der Volute | 1 | 7/12 | = | ca. 10 | → | 1 : 35 |
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Kommentar: Links und etwas unterhalb der Darstellung des Kapitells in [90.2.4.1] ist dessen Grundriss als freihändige Skizze mit wenigen Maßen wiedergegeben. Dabei fällt auf, dass das Kapitell – obwohl es offensichtlich nur einen Pilaster abschließt – eine leichte Vorwölbung des Abacus [?] aufweist, für die der Zeichner jedoch kein konkretes Maß (z. B. in Form eines Radius) angibt. In konsequenter Fortsetzung dieser Krümmung werden sogar die Vorderfronten der Voluten nach außen gewendet, so dass sie nicht in einer Ebene stehen, sondern im stumpfen Winkel zueinander: Auch diese Abweichung fügt sich in das Bild einer zweifellos bewußt unkanonischen Gestaltung dieser Ordnung an einer der repräsentativsten Stellen des Bauwerks!
90.2.4.4 Grundriss des ionischen Pilasterkapitells
POSITION: im Zentrum der linken Blatthälfte, unterhalb von [90.2.4.3]
TECHNIK: freihändige Feder in Braun über leicht abweichenden Graphitvorzeichnungen
HAND: AD
MASSANGABEN / GRUNDMASS: „p 1 7/12“ / „palmo del modello“
MASSSTAB: ungefährer Gesamtmaßstab der Zeichnung: 1 : 33 (wie [90.2.4.3])
Kommentar: Die Wiederholung der Skizze in [90.2.4.3] weist einige signifikante Unterschiede auf, die wohl zugleich als Grund für die Wiederholung angesehen werden dürfen: So zeigt das Kapitell zwar ebenso den leicht vorgewölbten Kalatos [?], die Volutenspiralen sind nun aber wiederm deutlich planparallel zur Rückwand positioniert und stehen somit zueinander in einer Ebene, d. h. die in der vorhergehenden Zeichnung wiedergegebene Abschrägung der Volutenfronten wurde wieder aufgehoben.
Allerdings ist schwerlich zu entscheiden, welche der beiden Zeichnungen wirklich der anderen voran ging: Die Graphitvorzeichnungen in [90.2.4.4] könnten so gedeutet werden, dass der Zeichner diese Skizze zuerst anlegte. Da aber Graphitvorzeichnungen in den anderen Zeichnungen in dieser Blatthälfte fast vollständig fehlen, könnte ihr Auftreten hier ebenso als Zeichen dafür zu deuten, dass der Anonymus Destailleur vor Anfertigung der gegenüber [90.2.4.3] korrigierten Fassung sich diese genauestens vergegenwärtigen wollte; darauf könnten auch die pentimenti innerhalb der Graphitvorzeichnungen deuten. Für die erste Hypothese spricht, dass gerade die schnellere und leichte Ausführung von [90.2.4.3] ein Indiz für eine frühere Anfertigung angesehen werden könnte, in der sozusagen eine mögliche Gestaltung des Kapitells erst erprobt wurde. Nachdem diese als unbefriedigend bewertet worden sein könnte, wäre dann [90.2..4.4] angelegt worden, worauf wiederum auch die die Färbung der Tinten deutet, die zwischen der Hauptzeichnung der Ordnung und [90.2.4.3] keinen, zwischen diesen und [90.2.4.4] jedoch sehr wohl einen Unterschied erkennen lässt und damit auf eine Differenz anzeigt, die nur als nachträgliche Ergänzung der zuletzt genannten Teilzeichnung interpretiert werden kann.
Diese – gemessen an der Unscheinbarkeit der Zeichnungen – auf den ersten Blick übertriebene Problematisierung der Zeichnungsabfolge erhält ihre Bedeutung und Rechtfertigung vor dem Hintergrund der anderen Abweichungen der hier vorliegenden Ionica gegenüber klassischen oder anderen Vorbildern: Sollte [90.2.4.3] die spätere Zeichnung sein und also eine Planänderung dokumentieren, so wäre hierin ein bewusstes Weitertreiben der Abweichungen von der klassi(zistisch)en ‘Norm’ zu sehen, welche als solche schon an sich interessant genug wäre. Dass sie aber an dieser prominenten Stelle des Baues erfolgt und eine gewisse ästhetische Konsequenz ausdrückt – die Vorwölbung des Kalatos [?] dient einer Verstärkung der räumlichen Plastizität der Ordnung, damit vielleicht auch ihrer Nobilitierung, und zieht die Abschrägung der Volutenfronten nach sich –, wäre ein weiterer interessanter Aspekt in der Beurteilung von Sangallos Umgang mit den Ordnungen. In der umgekehrten Abfolge, für die die Mehrzahl der Indizien spricht, wäre genau diese Überbetonung nicht-klassischer Formen wieder zurück genommen worden, worin sich offenkundig eine Beschränkung sowie eine gewisse Respektierung kanonischer Vorgaben äußert.
90.2.5 Skizze mit Entfernungs- bzw. Höhenangabe
POSITION: linke untere Blattecke
TECHNIK: freihändige, sehr dünne und skizzenhafte Feder in Braun
HAND: AD
MASSANGABEN / GRUNDMASS: „p 200“ / „palmo del modello“ [?]
MASSSTAB: 200 palmi = 65 mm → 1 : 687
Kommentar: Die sehr flüchtige Skizze zeigt unzweifelhaft eine Höhenangabe, da sie die senkrechte Distanz zwischen zwei annähernd horizontalen Linien wiedergiebt, deren obere als Unterkante eines Gesimses angedeutet ist. Eine weitere Horizontale oberhalb der unteren bleibt ohne Bezug. Die angedeuteten, im leichten Abschwung nach links von dem skizzierten Gesims fortlaufenden Linien lassen die Vermutung zu, es handele sich hierbei um das Kämpfergesims einer Halbrundnische. Möglicherweise sollen die genannten Linien aber auch nur räumliche Tiefe andeuten, so dass diese Skizze als Höhenangabe für das Kämpfergesims der Benediktionsloggia interpretiert werden könnte.
Problematisch bleibt dabei aber die Deutung des Gesimses selbst, denn ebenso wie die nach links laufenden Linien einen Schwung aufweisen, als sollte die Krümmung einer Nische angedeutet werden, verläuft die anzunehmende Unterkante in einer leicht geschwungenen Abwärtslinie, die auf das Schnittprofil eine Kalotte hindeutet. Vielleicht handelt es sich dabei aber auch nur um ein in der Schnelligkeit der Zeichnung begründetes ‘Abrutschen’ der Hand.
90.2.6 Skizze zum Palazzo-Farnese-Gesims Michelangelos
POSITION: am unteren Blattrand links von der Mitte der linken Blatthälfte
TECHNIK: freihändige Bleistiftskizze
HAND: AD [?], vielleicht auch B
MASSANGABEN / GRUNDMASS: keine
MASSSTAB: aufgrund fehlender Maße nicht direkt zu ermitteln
Kommentar: Rechts neben [90.2.5], dicht an der Mittelachse der linken Blatthällfte, zeigt eine sehr helle, leichte Bleistiftskizze ein weit vorkragendes Konsolgesims mit einer auffälligen Profilabfolge (von oben nach unten): flaches s-Profil – flache, weit zurückspringende Kehle – einfaches Bandprofil – Viertelrundstab – breites Bandprofil mit Auskehlung an der Unterseite – wiederum schmales s-Profil – sehr langgestreckte, flache S-Volutenkonsole. Der Vergleich mit der Skizze [91.2.1] sowie der Zeichnung [98.2.1] zeigt, dass es sich hierbei nur um den oberen Teil des Gesimses handeln kann, welches Michelangelo für den Palazzo Farnese entworfen hat. Damit könnte eine Möglichkeit zur absoluten Datierung dieses Blattes eröffnet sein, denn diese Skizze scheint vor der Anfertigung der anderen Teilzeichnungen entstanden zu sein. — Jedenfalls ist das Auftreten dieser Skizze auf dem vorliegenden Blatt in mehrfacher Hinsicht zumindest bemerkenswert:
Zum Auftreten der Zeichnung im Zusammenhang der St.-Peter-Zeichnungen: Da das Blatt ansonsten nur Zeichnungen zum St.-Peter-Projekt Sangallos enthält, fällt das Auftreten der Skizze hier besonders auf, denn eine Beziehung des Blattes zu denjenigen des Codex Destailleur D, die den Palazzo Farnese betreffen, ist sonst nicht auszumachen: Nicht einmal ein gemeinsames Wasserzeichen deutet darauf hin, dass das Blatt eventuell im Kontext der Palazzo-Farnese-Zeichnungen entstanden sein könnte: Denkbar wäre immerhin, dass die Bearbeitung des gesamten Blattes bzw. mit dieser Skizze begonnen, die Bezeichnung dann aber abgebrochen und – später – mit den Details von St. Peter fortgesetzt wurde.
Unvollständigkeit und Lokalisierung auf dem Blatt: Die Zeichnung wurde viel zu tief auf dem Blatt begonnen, um das Gesims in seiner vollen Höhe wiederzugeben. Lässt dies darauf schließen, dass dem Zeichner zum Zeitpunkt ihrer Anfertigung keine Informationen über die vollständige Gestalt vorlagen? Keinesfalls kann die Unvollständigkeit damit erklärt werden, dass ein ursprünglich vorhandener unterer Teil der Zeichnung durch eine nachträgliche Beschneidung des Blattes verloren gegangen wäre. Hierfür ist das erhaltene Blatt zu groß: Ein als fehlend anzunehmender Streifen müsste mindestens 2–3 cm breit gewesen sein, was aufgrund der offensichtlichen ‘Vollständigkeit’ des Folio-Formats kaum zutreffen kann.
Eine weitere Erklärungsmöglichkeit für die Unvollständigkeit wäre eine Beschränkung des Interesses des Zeichners auf den oberen Teil des Gesimses, da dieser deutlich ‘unkanonischer’ ist als der Rest und damit für einen Mitarbeiter des Sangallo-Umkreises der interessantere gewesen sein dürfte. Allerdings ist dieser Unterschied nur graduell: Denn auch der untere Abschluss des Gesimses mit einem friesähnlichen Zwischenstück, das von der Mauerfläche nur durch einen Rundstab getrennt ist, kann nicht als kanonisch ‘korrekt’ angesehen werden und böte daher Anlass zur Kritik, für die ein Festhalten der Abweichungen eine Voraussetzung sein könnte.
Eine dritte – und zweifellos die interessanteste – Erklärung sowohl für die Unvollständigkeit der Skizze als auch für die Abweichungen gegenüber den beiden anderen Zeichnungen – vgl. folgenden Abschnitt – wäre die Möglichkeit, dass die Skizze einen Planungszustand aus der Werkstatt Michelangelos wiedergibt! Hierfür wäre allerdings zu prüfen, ob sich ein solcher nachweisen ließe. Dafür sprächen zum einen die horizontale ‘Dehnung’, die einem immensen Vorkragen des Gesimses entspräche und vielleicht im Zuge der detaillierteren Ausarbeitung aufgrund abzusehender statischer Probleme reduziert wurde, und zum anderen die später erfolgte Beseitigung der Kehle unter der Traufleiste, die wohl weniger als Streben nach Klassizität als vielmehr dadurch begründet sein könnte, dass die Abfolge ‘Kehle – Karnies – Volute’ als ein Zuviel an aufeinander folgenden Rundprofilen empfunden worden sein könnte.
Abweichungen gegenüber [91.2.1] und [98.2.1]: Die Zeichnung ist in der Horizontalen gegenüber den beiden anderen Skizzen deutlich gestreckt: Beträgt die Tiefenerstreckung des Profils in [91.2.1] im hier wiedergegebenen Bereich nur ungefähr 55 mm und in [98.2.1] sogar nur ca. 50 mm, obwohl der Abbildungsmaßstab in der Höhenerstreckung annähernd gleich ist, so beläuft sich diese Distanz in der vorliegenden Skizze mit ca. 105 mm auf nahezu das Doppelte. Eine Erklärungsmöglichkeit wäre auch hier, dass dem Zeichner weder das Original noch eine proportionsgerechte Maßzeichnung vorlagen, sondern er – vielleicht aus dem Gedächtnis – die Formenabfolge wiederzugeben versuchte.
Eine weitere, scheinbar geringfügige aber bemerkenswerte Differenz besteht in der Form der Traufleiste: Während diese in den beiden anderen Zeichnungen einen Überhang in ‘klassischer’ Form aufweist (d. h. die horizontale untere Fläche ist gegenüber der vorderen Abschlussleiste ‘nach oben’ zurückgesetzt und mit dieser durch eine Krümmung verbunden), erscheint in der vorliegenden Skizze eine Auskehlung des Traufleistenblockes an der Unterseite. Auch diese Abweichung deutet darauf hin, dass dem Zeichner die endgültige Fassung des Entwurfs bzw. das Original nicht vorlagen.
Orientierung: Im Gegensatz zu allen anderen Zeichnungen nicht nur dieses Blattes, sondern nahezu des gesamten Codex Destailleur D weist die hier vorliegende Skizze eine Orientierung nach rechts statt nach links auf. Spätestens aufgrund dieser Tatsache erhebt sich die Frage, ob sie überhaupt vom Hauptzeichner des Codex Destailleur D – dem Anonymus Destailleur – stammt oder nicht vielleicht von einer fremden Hand.
Hand: Die genannten Abweichungen hinsichtlich Orientierung und Positionierung der Skizze ebenso wie der lockere, aber sehr sichere Bleistiftstrich lassen die Vermutung zu, dass der Zeichner nicht mit dem Anonymus Destailleur identisch ist, sondern es sich vielleicht eher um den ‘Bleistiftzeichner’ – vgl. besonders die Teilzeichnungen auf Bl. 76r/v – handelt, der ähnliche Merkmale aufweist. Während diese Vermutung im Zusammenhang des Codex Destailleur D die naheliegendste zu sein scheint, lässt sich natürlich nicht ausschließen, dass die Skizze einer vollständig fremden, bisher im Codex nicht zu identifizierenden Hand zuzuschreiben wäre. Damit entstünde natürlich das Problem einer Erklärung, wie und wann dieses Blatt in den Besitz des Anonymus Destailleur gelangt sein soll und was dies über seine Beziehungen zu seinem römischen Umfeld der 1540er Jahre aussagt.
Mögliche Provenienz: Somit wäre es denkbar, dass das Blatt erst von diesem ansonsten nicht im Codex erscheinenden Zeichner auf den Anonymus Destailleur übergegangen ist, nachdem die Skizze abgebrochen wurde. Es ließe sich daher folgender hypothetischer Verlauf annehmen:
Falls es sich bei dem Zeichner um ein Mitglied des Sangallo-Kreises handelt, das – trotzdem – auch an der Anfertigung und Gestaltung des Modells beteiligt war (Zeichner B von Bl. 76), könnte dieses in der vorliegenden Skizze das Gesims nach einer Besichtigung im Rahmen des von Papst Paul III. veranstalteten Wettbewerbs festgehalten haben – eine maßstäbliche oder mit Maßen versehene Zeichnung lag ihm vermutlich nicht vor. Dies könnte entsprechend das Fehlen von Maßen sowie die Abweichungen von den eher dem ausgeführten Entwurf entsprechenden Zeichnungen in [91.2.1] und [98.2.1] erklären. Zweck der Skizze könnte die Dokumentierung der unkanonischen Gestaltung des Gesimses für die abzusehende Diskussion um die Wettbewerbsentscheidung sein: Die extreme Tiefenerstreckung könnte in diesem Zusammenhang sogar einen gewissen ‘polemischen’ Charakter haben, indem sie schon aus statischen Gründen eine Unausführbarkeit des Gesimses suggerieren konnte.10 — Nachdem die vorliegende Skizze ihren Zweck erfüllt hatte, wäre das Blatt dann in die Hände des Anonymus Destailleur über dessen Mitarbeit im Umkreis der falegnami der Fabbrica di San Pietro gelangt und von ihm für seine Zwecke ohne allzu erkennbare Rücksicht auf das Vorhandene benutzt worden.
Damit ließe sich der Kreis der für die Autorschaft dieser Skizze und damit für die Identität des ‘Bleistiftzeichners’ in Frage kommenden Zeichner stark eingrenzen: Da für die Diskussion des Michelangelo-Gesimses ein polemisches Schreiben überliefert ist, das dessen Unkanonizität heftigst kritisiert und vermutlich aus der Feder des Francesco da Sangallo oder des Giovanni Battista da Sangallo stammt, könnte dessen Autor sich diese Skizze als Grundlage seiner Kritik angefertigt haben. Da von Francesco Kontakte zu Michelangelo bekannt sind, käme für diesen die Annahme einer Gelegenheit, den Entwurf Michelangelos kennengelernt haben zu können, vielleicht am ehesten in Betracht.
Datierung: Insgesamt erlaubt diese unscheinbare Skizze folgende Vermutungen über die Datierung des Blattes: Der Anonymus Destailleur bezeichnete dieses Blatt möglicherweise nach dem Wettbewerb um die Gestaltung des Farnese-Gesimses 1546 bzw. in dessen Anfangsphase, als ein erster Entwurf Michelangelos zumindest schon vorgelegen haben muss. Damit setzt dieses Datum nicht nur einen terminus post quem für die auf dem vorliegenden Blatt versammelten Zeichnungen zum St.-Peter-Projekt Sangallos, sondern eventuell sogar für die Entstehung der St.-Peter-Zeichnungen insgesamt, denn die weitgehende stilistische Geschlossenheit der gesamten Gruppe deutet auf eine rasche Entstehung innerhalb einer relativ geringen Zeitspanne, die insgesam wiederum vor dem Abschluss der Planungen für Bau und Modell und vor der Fertigstellung des Modells selbst im Sommer 1546 liegen muss.
Gegenhypothese: Da durch die zuletzt beschriebene hypothetische Einordnung der Skizze in den Zusammenhang des Blattes und damit die Entstehung der St.-Peter-Gruppe jedoch die aufgrund anderer Indizien hier angenommene Datierung der gesamten Gruppe in die ersten Monate des Jahres 1545 hinfällig würde, wäre auch eine andere Erklärung für das Auftreten der Skizze auf dem vorliegenden Blatt vorstellbar: Sie könnte davon ausgehen, dass dem Zeichner der Skizze zur Notierung des ihm vermutlich außergewöhnlich erschienenen Entwurfs zu einem bestimmten Zeitpunkt im Frühjahr/Sommer 1546 zufällig kein anderes Blatt zur Verfügung stand und er daher auf den freien Raum hier nutzen musste. Daraus ließe sich auch zwanglos die Beschränkung der Darstellung auf den oberen, interessanteren Teil des Gesimses erklären. Obwohl die Skizze wie gesagt nicht vom Anonymus Destailleur zu stammen scheint, wäre dabei vorstellbar, dass sie von ihm angefertigt wurde, und zwar zu dem Zeitpunkt, als er auch über Zugang zum Julius-Grabmahl und damit sicherlich relativ guten Kontakt zum Michelangelo-Umkreis verfügte. Dies wäre mehr als ein Jahr nach seinem vermutlichen Ausscheiden aus dem Umkreis der Fabbrica durchaus vorstellbar. — Eine weitere Untersuchung dieses scheinbar nebensächlichen Fragenkomplexes scheint also durchaus interessant und ist im Zuge der abschließenden Katalogisierung der Palazzo-Farnese-Zeichnungen des Codex Destailleur D anzustellen.
90.2.7 Grundriss-Skizze einer Ecksituation mit Pilastern
POSITION: rechts neben Skizze [90.2.6], diese teilweise überschneidend
TECHNIK: freihändige Feder in Braun
HAND: AD
MASSANGABEN / GRUNDMASS: „p 3 1/4“ / „palmo del modello“
MASSSTAB: ungefährer Gesamtmaßstab der Zeichnung: ca. 1 : 110
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Beispielwerte |
palmi
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mm | Maßstab | |||
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Abstand zwischen zwei Pilastern | 6 | 3/4 | = | 20 | → | 1 : 73 |
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Pilasterschaftbreite | 7 | [—] | = | 10 | → | 1 : 156 |
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Eckabstand des linken Pilasters | 3 | 1/4 | = | 6 | → | 1 : 121 |
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Kommentar: Rechts neben der Skizze zum Palazzo-Farnese-Gesims erscheint ein Federskizze, die zweifellos wieder auf den Anonymus Destailleur zurückgeht und sich vermutlich – wie die restlichen Zeichnungen des Blattes – auf Sangallos Projekt für St. Peter bezieht. Sie gibt offensichtlich im Grundriss eine Ecksituation wieder, bei der ein Pilasterpaar von je 7 palmi Schaftbreite durch einen Mauerstreifen von „p 6 3/4“ Breite getrennt ist. Links schließt sich eine senkrecht dazu verlaufende Wand an, die ebenfalls durch Pilaster gegliedert ist, während rechts eine leicht geschwungenen Linie auf eine Halbrundnische zu deuten scheint.11 Damit könnte die Skizze zu der links daneben befindlichen, offenbar gleichzeitig entstandenen Zeichnung [90.2.5] gehören.
Eine Lokalisierung am Bau wird einerseits dadurch erschwert, dass die Zuordnung zur Benediktionsloggia aufgrund der Gestaltung und geringen Tiefe des in dieser Interpretation dann offenbar links anschließenden Raumes der Loggia, die hier angedeutet ist, problematisch ist. Nimmt man den Rücksprung jedoch nur als abkürzende Wiedergabe der Loggia selbst, auf deren Tiefengestaltung es dem Zeichner hier nicht ankam, so ist als Ort am Bau vermutlich das Wandfeld rechts seitlich der Loggienöffnung anzunehmen.
90.2.8 Skizze zum Lotmaß einer ionischen Kapitellvolute
POSITION: rechte untere Ecke der linken Blatthälfte
TECHNIK: freihändige Feder in Braun
HAND: AD
MASSANGABEN / GRUNDMASS: „p 1/2“ / „palmo del modello“
MASSSTAB: ungefährer Maßstab der Zeichnung:1/2 p = 4 mm → 1 : 27,9
Kommentar: Die leichte, flüchtige Skizze dient nur zur Notierung des Lotmaßes für eine – vermutlich ionische – Kapitellvolute gegenüber dem offenbar in Vorderansicht wiedergegebenen Pilaster- oder Säulenschaft. Aufgrund des geringen Wertes ist fraglich, ob sich diese Skizze – wie aufgrund der räumlichen Nähe zu vermuten – tatsächlich auf die darüber dargestellte Ionica bezieht. Da allerdings das in der Skizze ebenfalls angedeutete Basenprofil dem der Ionica stark ähnelt und der Maßwert zu den Werten in [90.2.4.1] – unter denen eine Angabe genau für dieses Maß fehlt – zumindest nicht im Widerspruch steht, wird man die Skizze diesem Zusammenhang zuordnen dürfen. Warum der Zeichner allerdings disen Wert überhaupt hier und nicht in der darüber befindlichen Darstellung der Ionica selbst notierte, ist nicht ersichtlich, da dort nicht nur Raum genug, sondern auch das durchlaufende Lot rechts in der Zeichnung hierzu geeignet gewesen wäre.
90.2.9 Korinthia „G“ vom Campanile
Vorbemerkung Die Darstellung nimmt das dritte senkrechte Viertel des Blattes ein und zerfällt in mehrere Einzelzeichnungen, die Gebälk, Kapitell und oberen Säulenschaft [90.2.9.1], Basis und Sockel [90.2.9.2] sowie Kapitellgrundriss [90.2.9.3] und die eingestellte Kämpferordnung [90.2.9.4] zusammenfassen. Letztere ist auffälligerweise nur in hellerer Tinte flüchtig skizziert. Der Sockelbereich ist durch eine ausgestrichene Darstellung eines anderen Profils überschnitten (vgl. dazu unten den Kommentar zu [90.2.9.2]).
Grundsätzlich ist nicht auszuschließen, dass sich die Unterschiede der hier dargestellten Ordnungen zu denen auf Blatt 84r weniger als solche zwischen den Turm- und den entsprechenden Tambour-Ordnungen erklären lassen, sondern als unterschiedliche Planungsvarianten derselben, für beide Bereiche dann als vollständig identisch anzunehmende Ordnungen. In den folgenden Einzelanalysen soll jedoch herausgearbeitet werden, dass eine Vielzahl von Indizien für die Annahme zwar weitgehend übereinstimmender, jedoch in Details unterschiedlicher Ordnungen sprechen. Da die Darstellung auf Blatt 84r zweifellos den Tambour betreffen, lassen sich die hier vorliegenden demnach nur den Türmen zuordnen.12
POSITION: drittes Viertel des Blattes = linke Hälfte der rechten Blatthälfte
NUMERIERUNG / POSITION: „24“ / am oberen Blattrand.
Anmerkung: Die Ergänzung der Numerierung durch die spätere, anscheinend von einer anderen Hand stammende Beischrift „et 25“ zeigt, dass der letztere Schreiber damit offensichtlich die Zeichnungsgruppen dieser Blatthälfte zu den beiden Ordnungen unterscheiden wollte.
TECHNIK: teilweise freihändige Feder in Braun; Lineal, Zirkel (nur in [90.2.9.3]; Vorzeichnungen
HAND: AD
BEISCHRIFT / POSITION: „G“ / im Fries des Gebälks
MASSANGABEN / GRUNDMASS: „p 7 7/12“ / „palmo del modello“
MASSSTAB: ungefährer Gesamtmaßstab der Zeichnung: 1 : 20
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Beispielwerte |
palmi
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mm | Maßstab | |||
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Frieshöhe | 1 | 7/12 | = | 20 | → | 1 : 18 |
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Architravhöhe | 2 | 1/3 | = | 23 | → | 1 : 23 |
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Höhe der Basis mit Plinthe | 2 | 3/4 | = | 29 | → | 1 : 21 |
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Sockelhöhe | 6 | 1/6 | = | 71 | → | 1 : 19 |
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Anmerkung: Der von den nebenstehenden Zeichnungen abweichende Maßstab zeigt an, dass der Zeichner eher darauf bedacht war, seine Darstellungen unter guter Ausnutzung des auf dem Blatt zur Verfügung stehenden Raums so zu platzieren und zu dimensionieren, dass in diesen die wiederzugebenden Maße vollständig eingetragen werden konnten. Ein einheitlicher Maßstab der zu einer gemeinsamen Gruppe gehörigen Zeichnungen untereinander war ihm ebensowenig wichtig wie der der Teilzeichnungen innerhalb der Gesamtdarstellung selbst.
90.2.9.1 Gebälk, Kapitell, oberes Ende des Säulenschaftes
Die Darstellung kombiniert wiederum die annähernd orthogonalperspektivisch angelegte Ansicht (Aufriss) mit dem Profilschnitt. Während der Zeichner am Gebälk wie üblich sämtliche Maße notiert, macht er jedoch keine Angaben darüber, ob vielleicht einzelne der Profile in sich ornamentiert sind.
Der Verweisbuchstabe „G“ lässt sich – im Gegensatz zu den Verweisbuchstaben in den Zeichnungen in der linken Blatthälfte – mit dem entsprechenden Turmgeschoss verbinden, auch wenn diese Bezeichnung in den Blättern 87 und 88, die die Grundrisse der Turmgeschosse zeigen, nicht erscheint. Da das zwischen der unteren und der oberen Ionica liegende Zwischengeschoss in [87.1.1] mit „F“ bezeichnet ist – was nicht als Bezeichnung des Geschosses selbst zu lesen sein muss, sondern nur auf das den entsprechenden Anschluss zum nächsten Geschoss bildende Gesims hinweisen dürfte –, die auf dem vorliegenden Blatt nebenstehende Darstellung der oberen Ionica ebenfalls mit „F“ bezeichnet ist und sich die Korinthia des Tambours von der hier vorliegenden deutlich unterscheidet, ist diese Annahme gut abgesichert.
Während die Details der eingestellten dorica-artigen Kämpferordnung zwar angegeben sind, fehlt jeglicher Hinweis auf die Ädikulen, die an den Türmen in diese Ordnung eingestellt sind.
Der Vergleich mit der Korinthia des Tambours (dargestellt auf Bl. 84r) ergibt zwar eine weitgehende Ähnlichkeit in der Profilierung, aber keine exakte Übereinstimmung in den Maßen: So ist bspw. der Fries der Tambour-Korinthia nur „p 1 1/12“ hoch (resp. „p 1 4/12“), an der hier dargestellten Turm-Korinthia beträgt der entsprechende Wert dagegen „p 1 7/12“.
Auffällig an dieser Wiedergabe ist, dass wiederum der Giebel der in diesem Geschoss auftretenden Ädikulen fehlt, während das Profil der Bögen und die Basiszone der zugehörigen Kämpferordnung (neben Säule und Kapitell) als Skizzen wiedergegeben sind. Am unteren Ende der Zeichnung ist noch das Gesims angedeutet, auf dem das gesamte Geschoss aufsitzt; es ist an der Oberseite abgeschrägt, der Abstand zum Lot wird mit angegeben.
Gebälk: Das Gebälk weist eine verhältnismäßig reiche Profilierung auf, außer einem nur zweifach fasziertem Architrav aber keine von kanonischen Formen abweichenden Besonderheiten. Der Fries selbst ist glatt (kein Polster- oder Relieffries), und das Fehlen von Ornamenten in den Profilleisten kann – wie wohl auch in den zahlreichen parallelen Fällen – als getreue Wiedergabe der beabsichtigten Gestaltung ohne z. B. Perlstäbe u. ä. angesehen werden.
Kapitell: Die Darstellung des Kapitells weist einige Eigenarten auf: Obwohl die Darstellung auf den ersten Blick wie die Vollansicht eines Kapitells erscheint, handelt es sich tatsächlich um eine Kombination aus einer Vorderansicht seiner linken Hälfte und einem Schnitt entlang der Symmetrieachse. Eine Vielzahl von Maßen selbst für die Akanthusblätter und Voluten, deren Abstände, Breite usw. lässt zum wiederholten Male eine Genauigkeit erkennen, die weit über das hinausgeht, was für das Modell allein nötig bzw. dort überhaupt zu realisieren und mit der hier suggerierten Genauigkeit zu reproduzieren gewesen wäre.
Um alle Maße zu erfassen, verwendet der Zeichner sogar ein zweites Lot, das er am rechten Ende der Abakus-Platte beginnen lässt. Dadurch ergibt sich eine deutlich komplexer zu entschlüsselnde Beziehung der verschiedenen Detailwerte der Ornamente untereinander, denn die Entfernung dieses Anfangspunktes vom Hauptlotmaß ist gerade nicht angegeben! Zum einen ließe sie sich möglicherweise aber aufgrund der voraus zu setzenden Symmetrien innerhalb des Kapitells ermitteln; eine weitere Möglichkeit – und diese hatte der Zeichner offensichtlich im Auge – ist über den Umstand gegeben, dass für den Säulenschaft unterhalb des Anlaufes zum Halsring sowohl vom Kapitell-Lot als auch vom Hauptlot Maßangaben vorliegen, hiermit also ein gemeinsamer Referenzpunkt gegeben ist. Ein weiteres eigenes Lotmaß erscheint zudem am unteren Akanthusblatt des rechts wiedergegebenen Schnittes, dessen Vorkragen ebenfalls vom Schaft aus bestimmt ist. An dieser Vorgehensweise problematisch erscheint die Tatsache, dass für einen Steinmetzen bei der Herstellung des Kapitells der Säulenschaft selbst nicht unbedingt als gegeben vorausgesetzt werden kann; er ließe sich aber über eine Einritzung im Block markieren, so dass von dort aus – eventuell über die rechnerische Ermittlung der Differenzen – eine handwerkliche Anfertigung des Kapitells anhand der hier angegebenen Maße möglich erschiene.
Säulenschaft: Die Darstellung des Säulenschaftes unterscheidet sich etwas von der ansonsten anzutreffenden, eher grob verallgemeinernden Darstellungsart, indem hier u. a. der Schaftdurchmesser dicht unterhalb des Kapitells (mit „p 3 1/6“) angegeben ist und die raumsparende Unterbrechung des Schaftes in der Wiedergabe durch eine ‘Bruchlinie’ angedeutet ist, wie sie sonst i. d. R. nur in den Antikenaufnahmen des Codex Destailleur D erscheint. Allerdings hat sie keine Entsprechung am unteren Ende des Säulenschaftes in der darunter anschließenden Darstellung [90.2.9.2].
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Maßangaben |
palmi
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Gesimshöhe | 2 | 1/4 |
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Frieshöhe | 1 | 7/12 |
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Architravhöhe | 2 | 1/3 |
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Kapitellhöhe | 4 | [—] |
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oberer Säulendurchmesser | 3 | 1/6 |
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90.2.9.2 Basis und Stylobat
Die Zeichnung schließt sich in sehr geringem Abstand an die darüber befindliche [90.2.9.1] an und hat mit dieser auch das Hauptlot gemeinsam. Sie zeigt den unteren Anlauf des Säulenschaftes, die attische Basis, die ausnahmsweise auf zwei Plinthen ruht, sowie den aufwendig profilierten Stylobaten mit oberem und unterem Gesimsprofil, Frieszone und eigenem Sockel.
Basis: Die attische Basis weist bis auf die erwähnte doppelte Plinthe keine Besonderheiten auf. Die Verdoppelung der Plinthe erklärt sich möglicherweise aus der Berücksichtigung der Untersicht, durch die die Basis selbst – nicht zuletzt auch aufgrund des vorkragenden Stylobatgesimses – zumindest im unteren Teil verdeckt wäre.
Stylobat: Der klassisch profilierte, aufgesockelte Stylobaten weist in der vorliegenden Zeichnung eine umfangreiche Überschneidung mit einer zweiten, unvollendeten Darstellung auf, zu der sich unter den sonstigen St.-Peter-Zeichnungen kaum eine Parallele angeben lässt: Ein parallel zum oberen Gesims verlaufendes dorisches Gebälk setzt direkt unter jenem an und scheint sich ihm auch im Maßstab anzugleichen, so dass der Eindruck entsteht, beide gehörten ursprünglich zusammen. Der rechts über den Stylobaten hinausragende Teil des Dorica-Gebälks mit in dem dieses rechts begrenzenden Schnitt klar erkennbarer Konsole und Triglyphe mit Gutae ist im Gesimsbereich ausgestrichen. Zudem fehlen jegliche Maßangaben zum dorischen Gebälk. Offenbar überlagern sich hier zwei unterschiedliche Darstellungen, die nicht – wie auf den ersten Blick vermutet werden könnte, zusammen gehören und von denen die des dorischen Gebälks die frühere sein dürfte, deren Überschneidung der Zeichner möglicherweise aus Raumgründen oder Papiermangel jedoch in Kauf genommen hat.
Eine Erklärung bietet der Vergleich der Dorica-Skizze mit dem Recto: Tatsächlich handelt es sich bei dem hier wiedergegebenen Gebälk um das der Ädikulen vom Erdgeschoss des Außenbaus, wie sie in [90.1.4.1] dargestellt sind. Dabei fällt auf, dass nicht nur der Darstellungsmaßstab der gleiche ist, sondern dass selbst die Positionierung der Zeichnung innerhalb der rechten Blatthälfte – bis in Details wie den Abstand vom unteren Blattrand und Länge des wiedergegebenen Gesimsstückes hinein – vollkommen übereinstimmt. Dies lässt wiederum den Schluss zu, dass der Zeichner nicht nur im Falle dieser Teilzeichnung der Ädikula [90.1.4], sondern vermutlich auf dem gesamten Blatt eine Vorlage identisch kopierte. Eine solche kann mit hoher Wahrscheinlichkeit nur aus dem Umkreis Sangallos stammen. Es ließe sich in diesem Zusammenhang daher vermuten, dass schon die Vorlage weniger als Arbeitsgrundlage für die Ausführung durch Handwerker oder Modellbauer gedacht war, als vielmehr als Kopier- oder gar Stichvorlage angelegt wurde, worauf sich wiederum die Vermutung einer – beim ursprünglichen Zeichner aus dem Sangallo-Kreis wohl vorhanden gewesenen Intention – zur Veröffentlichung des St.-Peter-Projektes nicht nur in Form der später durch Salamanca realisierten Ansichten, sondern inklusive einer Wiedergabe der Detailformen gründen könnte.
Der unscheinbaren Zeichnung kommt daher bezüglich der Deutungen der Gesamtfunktion der Zeichnungen eine nicht unwesentliche Rolle zu: Wenn im Sangallo-Umkreis eigens Vorlagen für die Publikation bzw. zumindest Weitergabe von Detailinformationen zum Gesamtprojekt erstellt worden sein sollten, erscheinen die Salamanca-Stiche als dessen einzige, vermutlich unvollständig gebliebene Realisierung: Es wäre zudem gut vorstellbar, dass Sangallo nicht nur die Realisierung des Projektes im Modell, sondern vor allem auch eine umfang- und detailreiche Publikation des zur Ausführung bestimmten Baus beabsichtigt haben könnte.
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Maßangaben |
palmi
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Gesimshöhe | 2 | [—] |
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Höhe der ‘Frieszone’ | 6 | 1/6 |
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Höhe des Fußgesimses | 2 | 11/12 |
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Höhe des Sockels | 3 | 5/6 |
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90.2.9.3 Grundriss des Kapitells
POSITION: oberhalb des Zentrums der rechten Blatthälfte, rechtes neben dem Kapitell aus [90.2.9.1]
TECHNIK: teilweise freihändige Feder in Braun; Lineal, Zirkel; Vorzeichnungen mit Bleistift
HAND: AD
MASSANGABEN / GRUNDMASS: „p 3 7/12“ / palmo romano bzw. palmo del modello
MASSSTAB: ungefährer Gesamtmaßstab der Zeichnung: 1 : 21,5
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Beispielwerte |
palmi
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mm | Maßstab | |||
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Durchmesser des Säulenschaftes | 3 | 1/6 | = | 34 | → | 1 : 21 |
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Abstand Volute-Rückwand | 3 | [—] | = | 30 | → | 1 : 22 |
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Kommentar: Die auffälligerweise mit Zirkel und Vorzeichnungen recht aufwendig erstellte kleine Zeichnung weist trotzdem keinen einheitlichen Maßstab auf. Immerhin zeigt sie deutlich, dass in der Ordnung nicht Halb- oder Voll-, sondern annähernd Dreiviertelsäulen verwendet werden sollten: Der Mittelpunkt des den Säulenschaft markierenden Kreises liegt deutlich vor der Rückwand. Dies führt u. a. dazu, dass die seitlichen Kapitellblüten, die allerdings nur grob als freihändige Kreise skizziert sind, deutlich vor der Rückwand liegen und nicht, wie es bei Halbsäulen zu erwarten wäre, von der Wand zur Hälfte überschnitten werden. Während für die an der Schauseite liegende Blüte jedoch genaue Angaben über die unterschiedliche Breite und Tiefe vorliegen, fehlt in allen Teilzeichnungen ein deutlicher Hinweis auf ihre eigentliche ornamentale Gestaltung. Dies muss aber nicht als Indiz dafür gewertet werden, dass diese Zeichnung – und damit viele weitere – nur für das Modell entstanden und eine weitere Ausdifferenzierung sich daher erübrigte, sondern es ist genauso gut denkbar, dass der Zeichner bzw. seine Vorlage auf die Wiedergabe verzichten konnte, weil diese an anderer, nicht erhaltener Stelle vorlag oder aber dieser Teil der Ausführung – erfahrenen – Steinmetzen ohne genauere Spezifizierung überlassen werden konnte. — Der hier angegebene Durchmesser des Säulenschaftes stimmt mit demjenigen von [90.2.9.1] überein.
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Maßangaben |
palmi
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Durchmesser des Säulenschaftes | 3 | 1/6 |
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Distanz Volutenspitze – Säulenschaft | 1 | 3/4 |
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Distanz Volutenspitze – Rückwand | 3 | [—] |
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Breite der Volutenspitzen | [—] | 3/4 |
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Distanz der Volutenspitzen zueinander | 4 | 3/4 |
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Durchmesser der Kapitellblüte | 1 | 1/4 |
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Dicke der Kapitellblüte | [—] | 7/12 |
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90.2.9.4 Rahmenprofil der eingestellten Nischen
POSITION: links des Kapitells und unterhalb des Architravs von [90.2.4.1]
TECHNIK: dünne, freihändige Feder in Braun
HAND: AD
MASSANGABEN / GRUNDMASS: „p 1 7/12“ / palmo romano bzw. palmo del modello
MASSSTAB: ungefährer Gesamtmaßstab der Zeichnung: 1 : 23
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Beispielwerte |
palmi
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mm | Maßstab | |||
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Höhe des Kämpfergesimses | 2 | 1/6 | = | 18 | → | 1 : 27 |
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Höhe des Sockels | 1 | 2/3 | = | 19 | → | 1 : 20 |
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Anmerkung: Die lockere Skizzenhaftigkeit der Zeichnung erklärt die Maßstabsschwankungen hinlänglich.
Kommentar: Die Skizze gibt die Details der wie üblich dorica-artigen Kämpferordnung der von der Korinthia überfangenen Arkade mit fast allen Maßen: Wie so häufig fehlt auch hier jedoch ein Hinweis auf den Radius des Bogens und die Tiefe der Steinlage, während die Archivolte und die Ordnung selbst in der üblichen Kombination aus Aufriss und Profil wiedergegeben sind.
Interessant ist dabei, dass der Zeichner zusätzlich die Lotmaße zum Hauptlot der gesamten Zeichnung [90.2.9] angibt und somit die Positionierung der Kämpferordnung auf das Genaueste ermöglicht. Lediglich eine Angabe für den Abstand des Bogenscheitels von der Unterkante des korinthischen Architravs ist zu vermissen.
Daneben bemüht sich der Zeichner außerdem, die Übereinstimmung der Höhen zwischen den einzelnen Profilen im Sockelbereich mit den entsprechenden Teilen der Korinthia-Basis und -Plinthe wiederzugeben, indem er die etwas zu hoch liegenden Horizontalen der vorliegenden Skizze schräg an die entsprechenden Linien heranführt und die Entfernung der Oberkante des oberen Torus von korinthischer wie dorischer Basis vom Bodenniveau durch dasselbe Maß angibt.
90.2.10 Ionica „F“
POSITION: [Angabe der Position auf dem Blatt mit schematischer Skizze]
NUMERIERUNG / POSITION: „25“ / am oberen Blattrand links oberhalb von [90.2.10.1], (spätere Ergänzung von fremder Hand)
TECHNIK: teilweise freihändige Feder in Braun; Lineal, Zirkel; Vorzeichnungen
HAND: AD
BEISCHRIFT / POSITION: „F“ / Verweisbuchstabe, im Fries in [90.2.10.1]
MASSANGABEN / GRUNDMASS: „p 3 1/12“ / „palmo del modello“
MASSSTAB: ungefährer Gesamtmaßstab der Zeichnung: 1 : 29
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Beispielwerte |
palmi
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mm | Maßstab | |||
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Gesimshöhe | 3 | 5/6 | = | 44 | → | 1 : 20 |
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Frieshöhe | 2 | [—] | = | 20,5 | → | 1 : 22 |
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Architravhöhe | 2 | 11/12 | = | 19,5 | → | 1 : 33 |
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Sockelfrieshöhe | 7 | 1/6 | = | 42 | → | 1 : 38 |
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Kommentar: In der üblichen Kombination aus annähernd orthogonalperspektivischen Aufriss und Profilschnitt stellt die Zeichnung eine aufgesockelte Ionica dar, bei der es sich offensichtlich nur um die obere an den Türmen handeln kann, denn die eingestellte Ordnung, deren Kapitell sich im Profil nur geringfügig vom nebenstehenden ionischen unterscheidet, reicht bis an den Architrav, stellt also keine Kämpferordnung dar, wie dies bei der Tambour-Ionica aufgrund der in diese eingelassenen Arkade zu erwarten wäre. Andererseits findet sich genau diese Kombination in Form der die ionische Säulenorndung ergänzenden Pilasterordnung an den Türmen.
Der Verweisbuchstabe „F“ lässt sich nicht mit demjenigen im Turmgeschoss-Grundriss [87.1.1] in Verbindung bringen, da sich dieser wenn auch vielleicht nicht auf das Oktogon selbst, so doch zumindest auf das Gesims des darunter liegenden korinthischen Geschosses bezieht.
Die Größe der Darstellung lässt darauf schließen, dass der Anonymus Destailleur nach einer Vorlage gearbeitet hat, in der es dem ursprünglichen Zeichner ebenfalls nicht um maßstabsgerechte Wiedergabe der Teilbereiche untereinander ging, sondern um die vollständige Notation der Maßwerte und – dies deutet zusätzlich auf eine Druckvorlage – um eine geschlossene graphische Gestaltung des gesamten Blattes.
Die schon im Zusammenhang mit der nebenstehenden Korinthia bemerkten Unterschiede zur entsprechenden Tambourordnung bestehen auch in der vorliegenden Zeichnung weniger in unterschiedlichen Profilierungen der Details als in durchgängigen Abweichungen der Maße: Praktisch keine zwei Maße der beiden Zeichnungen entsprechen einander.13
90.2.10.1 Gebälk, Kapitell, oberer Säulenschaft
Die Zeichnung beginnt am oberen Rand mit einem möglicherweise nachträglich ergänzten, durch eine Abschrägung zurücktretenden Profil oberhalb der obersten Gesimskante. Von dieser geht das über die gesamte Höhe der Zeichnung [90.2.10.1] und [90.2.10.2] verlaufende Lot ab, an das bemerkenswerterweise neben den Lotmaßen der Hauptordnung auch diejenigen der eingestellten, scheinbar dorica-ähnlichen Pilasterordnung angetragen sind. Die vollständige Parallelität zwischen dem rechts wiedergegebenen ionischen Kapitell und dem Pilasterkapitell – es fehlen lediglich die Voluten – macht deutlich, das letzteres nicht als dorisch misszuverstehen ist, sondern lediglich als abgekürzte Darstellung.
Obwohl auch in diesem Fall die saubere Ausführung der Zeichnung besonders im Bereich des Gesimses auf eine Maßstabsgenauigkeit schließen lassen könnte, liegt diese – vgl. die Angaben in der oben stehenden Tabelle – nicht tatsächlich vor. Insgesamt betrachtet steht die Kleinteiligkeit der Gestaltung in auffälligem Kontrast zu der zu erwartenden Sichtbarkeit der Details am realen Bau, die bei der außerordentlichen Höhe, in der die Ordnung am Bau erscheinen sollte, Werte im Zwölftel-palmo-Bereich als viel zu kleinteilig wirken lässt.
Auch in dieser Darstellung fehlen Hinweise auf eine ornamentale Gestaltung der einzelnen Gesimsprofile: Sie sind sämtlich als durchgehende, gerade Leisten- bzw. Stabprofile wiedergegeben. Dies gilt sogar für das ionische Kapitell: Der Zeichner zeigt zwar ein aus der Volute herauslaufendes geschwungenes Blattmotiv – legt also durchaus Wert auf die Genauigkeit in der Wiedergabe der ornamentalen Details –, gibt aber keinen Eierstab an; nur dessen Viertel-Rundstabprofil erscheint, zudem noch etwas zu tief. Im Übrigen ist auch dieses Kapitell wiederum als Kombination von Aufriss und Schnitt wiedergegeben.
Der Säulenschaft selbst weist an der ‘Innenseite’ scheinbar eine Verbindung zur unten anschließenden Teilzeichnung [90.2.10.2] auf, diese ist aber nicht tatsächlich gegeben, da die Linie oberhalb der Basis endet. Zudem zeigen oberes und unteres Stück des Säulenschaftes die häufiger vom Anonymus Destailleur verwendeten, annähernd waagerecht verlaufenden ‘Bruchlinien’, die die abkürzende Unterbrechung der Darstellung andeuten sollen. An der ‘Außenseite’ wird der unterschiedliche Abstand zum Lot nicht nur durch zwei verschiedene Lotmaße, sondern auch durch die Parallelität der beiden Körperkanten des Säulenschaftes angezeigt. Ein Hinweis auf eine Entasis fehlt jedoch.
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Maßangaben |
palmi
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Gesimshöhe | 3 | 5/6 |
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Frieshöhe | 2 | [—] |
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Architravhöhe | 2 | 11/12 |
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Kapitellhöhe | 2 | 1/3 |
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Volutendurchmesser | 2 | 1/12 |
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90.2.10.2 unterer Säulenschaft, Basis, Plinthe, Stylobat
An dieser Teilzeichnung fällt – oben beginnend – zuerst die wiederum ungewöhnliche Profilierung der Basis auf: Wie in [90.2.4.2] ist auch diese Basis um einen unteren großen Torus ‘verkürzt’. Hierfür scheint wiederum ein Bezug auf Vitruv die Vorlage zu bilden, allerdings entspricht die hier gezeigte Gestaltung nicht vollständig seinen Vorgaben, wie auch ein Vergleich mit der nebenstehenden Darstellung der Hauptbau-Ionica zeigt. Außerdem entspricht ihre Gestaltung wiederum nicht dem sonst anzutreffenen Symmetrieprinzip in der Abfolge der Profilierungen von der horizontalen Basenmittellinie aus gesehen. So fehlt unterhalb des oberen, großen Torus’ ein schmaler Ring, wie er unterhalb der Doppelkehle erscheint. Diese selbst wiederum setzt aber nicht auf einem zu erwartenden unteren großen Torus oder eine Doppeltorus aus kleineren Profilen auf, sondern auf einer gestuften, doppelten Plinthe. Die Ausführung dieser Zeichnung mit Lineal und auch die Vorzeichnung lassen den Verdacht eines Irrtums seitens des Zeichners nicht zu. Die Plinthe selbst sitzt auf einer geneigten Ebene, die zum sie tragenden Gesims nach außen hin flach abgeschrägt ist.
Die Gestaltung von oberem und unterem Gesims, Frieszone und Sockel des Stylobaten weist keine Besonderheiten auf. Lediglich die Gesamthöhe von „p 18 1/4“ erscheint auf den ersten Blick recht erheblich, zumal ein Vergleichswert für die Höhe der restlichen Ordnung fehlt: Diese dürfte – bei einem oberen Schaftdurchmesser der Säule von „p 4 1/4“ aus Proportionsgründen – bei ca. 40 p (Schaft) + 9 p (Gebälk) + 4 p (Basis) = 53 p knapp das Dreifache der Sockelhöhe betragen, wie dies auch am Modell der Fall zu sein scheint.
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Maßangaben |
palmi
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oberer Torus | [—] | 7/12 |
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Gesamthöhe der restlichen Basis mit Plinthe | 2 | 1/6 |
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untere ‘Plinthe’ | 1 | 1/6 |
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oberes Stylobatgesims | 2 | 1/6 |
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‘Frieszone’ des Stylobats | 7 | 1/6 |
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unteres Gesims des Stylobats | 4 | [—] |
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Sockel des Stylobats | 5 | [—] |
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90.2.10.3 Grundriss des Kapitells
POSITION: am rechten Blattrand, oberhalb der Mitte
TECHNIK: Feder in Braun mit Lineal und Zirkel
Kommentar: Dicht am rechten Blattrand ist der Grundriss des ionischen Kapitells der nebenstehenden Ordnung wiedergegeben, wobei wiederum – wie schon im Fall der nebenstehenden Korinthia – deutlich wird, dass der Säulenschaft der Wand um mehr als seinen Radius vorgelagert ist. Durch den Zirkelgebrauch erscheint auch hier ein Irrtum oder Flüchtigkeitsfehler des Zeichners ausgeschlossen. Damit sind auch die Säulen dieser Ordnung im strengen Sinne nicht als Halb-, sondern eher als Dreiviertelsäulen anzusehen. Dass dies mit einer deutlichen Erhöhung des Herstellungsaufwands einhergehen würde, wird deutlich, wenn man berücksichtigt, dass im Fall von Halbsäulen die (Wieder-) Verwendung bspw. antiker Vollsäulentrommeln möglich gewesen wäre, die durch senkrechte Halbierung effektiv hätten genutzt werden können. Man wird hierin durchaus ein Indiz für die der ‘setta sangallesca’ von ihren Gegnern unterstellte Verschwendungssucht und Bereicherungsabsicht sehen können.
Auffällig an der vorliegenden Dastellung ist, dass die Lotlinie um diese Skizze einen ‘Bogen’ macht und dann durch die Maßangaben ergänzt wird. Insofern ist es zumindest verständlich, dass der Zeichner die Maßwerte nicht sofort bei der Konstruktion und Positionierung der Zeichnungen berücksichtigt hat, um so eine Proportionsgerechtigkeit zu erreichen, die aufgrund der Maßangaben leicht möglich gewesen wäre. Außerdem ist daraus abzuleiten, dass selbst die Vorlagen des Zeichners nicht maßstabsgetreu gewesen sein dürften, denn wie der Fall des ‘dorischen’ Ädikulengesimses in [90.2.9.2] zeigte, scheint er diese bis in die Blattaufteilung und Proportionierung hinein genau übernommen zu haben.
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Maßangaben |
palmi
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Durchmesser des Säulenschaftes | 4 | 1/4 |
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Breite der Deckplatte | 4 | 1/2 |
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Breite der Volutenfront | 2 | [—] |
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Abstand der Voluten voneinander | 3 | 1/3 |
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Vorkragen des Kalathos vor Deckplatte | [—] | 7/12 |
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90.2.10.4 eingestellte Pilasterordnung
POSITION: innerhalb der Hauptzeichnung links des Säulenschaftes und unterhalb des Archittravs
TECHNIK: dünne, freihändige Feder in Braun
Kommentar: An dieser zusätzlichen Skizze fällt auf, dass sie nicht mit der Genauigkeit der Hauptzeichnung ausgeführt ist: Obwohl jedoch sämtliche Maße vorgelegen haben müssen und die Verknüpfung der Lotmaße mit dem Lot der Hauptzeichnung einen gemeinsamen Bezugspunkt herstellt, hat der Zeichner weder wie dort das Lineal benutzt, noch in der Freihändigkeit auffällige Abweichungen vermieden.
Die Zeichnung stellt nicht – wie oben schon einleitend angedeutet – eine Kämpferordnung dar, die in die Ionica eingestellt zu denken wäre, sondern eine gleich hohe und also gleichberechtigte Variante der Hauptordnung: Mit Blick auf die Gestaltung der Campanili kann es sich dabei nur um die Viertelsäulen und Eckpilaster handeln, die in die durch die Wandrücksprünge entstehenden Ecken eingestellt sind bzw. die Außenkanten der Türme markieren. Der etwas geringere Rang dieser Ordnung wird zum einen durch die sparsamere Profilierung des Kapitells und zum anderen durch die deutlich einfachere Basis-Sockel-Zone verdeutlicht: Deren parallele Anbindung an die Basis der Hauptordnung wird vom Zeichner – wenn auch auf deutlich ungelenke, fast schiefe Weise – durch Verbindungslinien verdeutlicht.