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recto: St. Peter: Kassettendecke

 



[93.1.1] [93.1.2]


[93.1.3]


[93.1.4]


Vorbemerkung: Der Zeichner verwendet hier im Gegensatz zu seiner sonstigen Gewohnheit wieder eine Unterteilung nach palmi, oncie und minuti, für die er seine sonst vor allem für den französischen Fuß gebräuchlichen Abkürzungen benutzt: „p“, „o“ und „ø“. Damit erreicht er gerade in diesem Bereich eine weitaus höhere Genauigkeit als bei seinen ansonsten vorherrschenden Maßangaben, die den Zwölftel-palmo als kleinste Einheit verwenden.

Daraus lassen sich vorab zwei Hypothesen von großer Tragweite für die Identifizierung des Zeichners ableiten:

Da es sich bei den hier dargestellten Kassettensystemen um diejenigen für die Tonnengewölbe der Kreuzarme handelt und ihre genaue Vermessung nach Abbau der Gerüste sicherlich nicht mehr möglich war, dürften die Zeichnungen – bzw. deren Vorlagen – vor deren Herstellung entstanden sein.

Die am Modell in die Gewölbetonnen eingeklebten Papiere mit der Darstellung des Kassettensystems blieben zwar erhalten, wurden während der Restaurierung jedoch entfernt und waren bisher nicht zugänglich. Nach Ausweis der Fotografien in dem knappen Restaurierungsbericht von Claudio Tinunin und anderen1 sind die Zeichnungen auf diesen Papieren jedoch von eher skizzenhaftem Charakter mit sich überschneidenden und nicht immer parallel verlaufenden Linien sowie vor allem ohne jeglichen Hinweis auf die geplante Dekoration: Damit kommen sie jedoch als Vorlagen für die Zeichnungen des hier zu besprechenden Blattes nicht in Frage.

Das große Interesse des Zeichners ausgerechnet an diesen Details lässt zudem die Vermutung zu, dass er selbst mit der Herstellung der Formen für die Kassetten als Zimmermann befasst war. Es liegt also nahe anzunehmen, dass der Zeichner als einer der falegnami unter Anleitung Labaccos bzw. Guidettos bei der Herstellung der Kassettenformen für den Ostarm (eventuell aber auch den Südarm) mitwirkte.

Aus der Skizzenhaftigkeit und den pentimenti der Zeichnung [92.1.1] gegenüber der hier klar ausdefinierten Fassung lässt sich leicht schlussfolgern, dass zumindest dieser Teil von Bl. 92r vor Bl. 93r/v entstand.

Die Unterschiedlichkeit der Wasserzeichen schließt eine denkbare ursprüngliche physische Zusammengehörigkeit dieser beiden Blätter jedoch aus.

93.1.1 Bleistiftskizze eines Kassettenrahmenprofils

POSITIONlinke obere Blattecke
TECHNIKfreihändige Bleistiftskizze
Kommentar: Das in dieser Bleistiftskizze begonnene, aber nicht weitergeführte Profil ist offenbar eine abgebrochene Vorzeichnung für das in der nebenstehenden Teilzeichnung [93.1.3] in Feder ausgeführte Rahmenprofil. Es weist einige Pentimenti auf, die aber wohl auf ein Versehen des Zeichners und nicht auf eine Planänderung zurückzuführen sein dürften. Das Abbrechen der Zeichnung erklärt sich aus ihrer Disposition in der linken oberen Ecke, die aufgrund der Nähe zum Blattrand eine vollständige Fortsetzung nicht erlaubt hätte. [Damit weist sie z. B. eine Parallele zu der abgebrochenen Skizze von Michelangelos Gesims für den Palazzo Farnese auf; vgl. 91.2.1, S. §].

Innerhalb der Skizze erscheint in Feder die Maßangabe „p 6 – o 7 – ø 2“, deren Zuordnung allerdings nicht klar ist, da z. B. die Gesamtbreite des Profils diesen Wert natürlich nicht erreichen dürfte. Vermutlich gehört dieser Wert auch nicht zu der Skizze selbst, sondern ist Teil einer abgebrochenen Addition, die sich auf eine der anderen Teilzeichnungen beziehen könnte.

Obwohl die Skizze keine Eintragungen des Zeichners mit demselben Stift enthält, wird man sie als Vorstufe der ausgeführten Fassung demselben Zeichner, damit also dem Anonymus Destailleur zuschreiben dürfen.

 

93.1.2 Schnitt und Untersicht eines Nebenrahmenprofils

POSITIONam oberen Blattrand mittig
TECHNIKin den Ornamenten freihändige dünne Feder in hellem Braun; Lineal
Kommentar: Die Zeichnung gibt das Profil und eine in ‘Gebälkperspektive’ gegebene Untersicht des Rahmens der längsrechteckigen Kassettenfelder, wie sie in Teilzeichnung [93.1.4] gezeigt sind, mit Maßangaben wieder. Die Profilierung ist insgesamt deutlich einfacher gehalten als diejenige der großen ackteckigen Kassetten (vgl. [93.1.3]) und enthält nur zwei ornamental verzierte Leiste (Eier- und Perlstab). Der genannten Ansichtszeichnung in [93.1.4] kann man auch entnehmen, dass offensichtlich keine über die hier dargestellte Profilierung hinausgehende Verzierung der einzelnen Leisten vorgesehen war. Bei der Darstellung der Profile fällt auf, dass der Zeichner – wie sonst auch bei seinen Antikenaufnahmen – selbst die Abstände der Einzelelemente des Eierstabs bzw. des Perlstabs mit genauen Maßangaben versieht.

 

 





Maßangaben (vom Grat zum Grund) o ø Anmerkung








Breite der Kantleiste des obersten Profils 2 4 alle Maße <1 palmo




seitliche Höhe des obersten Profils 4 4




Höhe des Eierstab-Profils 5 5




Maximalbreite eines „Eies“ 4 7




Abstand zwischen zwei „Eiern“ 5 6




Höhe der Leiste über dem Einerstab 2 [—]




Höhe der folgenden Platte [—] 8 vom Perlstab teilw. überdeckt




Höhe des Perlstab-Profils [—] 3




Durchmesser einer „Perle“ 3 [—]




Länge einer „Perle“ 4 2




Länge zweier „Scheiben“ hintereinander 2 1




Höhe der Vierkantleiste darüber 1 1




 

93.1.3 Schnitt und Untersicht eines Hauptrahmenprofils

POSITIONam rechten Blattrand
TECHNIKin den Ornamenten freihändige, dünne Feder in hellem Braun; Lineal; Graphitvorzeichnung nur für die sehr flüchtig skizzierte Rosette
NUMERIERUNG / POSITION: „162“ / links neben der Zeichnung im Blattzentrum, 180°
MASSSTABaufgrund weniger Maßangaben nur ungefähr bestimmbar: 1 : 9
Kommentar: Die Darstellung zeigt den Profilschnitt eines Teils einer Kassettendecke mit Maßangaben (vgl. Bl. 94v), von dem aus die einzelnen Profile dann in ähnlicher Weise annähernd perspektivisch in die Tiefe gezeichnet sind, wie der Zeichner dies ansonsten zumeist bei Gebälken tut, um Profil und Ansicht zu kombinieren (‘Gebälkperspektive’). Dieses Profil gehört offensichtlich zu dem nebenstehend in Teilzeichnung [93.1.4] wiedergegebenen quadratischen Hauptkassetten der Decke mit achteckigem Innenfeld.

Die vorderste Schicht des Rahmens bildet eine Stirnfläche, die von einem nur leicht angedeuteten Festonornament verziert ist; es fällt auf, dass die sonstigen Ornamente sorgfältiger und mit Maßen wiedergegeben sind. Möglicherweise ist dies ein Hinweis darauf, das diese Verzierung erst nachträglich aufgebracht werden sollte, für die Herstellung der Kassettenformen also belanglos war. Dafür spricht auch, dass die große Rosette in der Mitte der Kassette nur ganz flüchtig skizziert ist: Sie ist damit eines der wenigen Ornamente überhaupt, für das der Zeichner praktisch keine Informationen liefert. Das gleiche gilt für das zweite, in einer horizontalen Fläche verlaufende Ornamentband, dessen wechselseitig gegeneinander gesetzte Farnese-Lilien ebenfalls nur leicht skizziert sind.

Dagegen werden die vermutlich als Schnitzereien in die Formen einzuarbeitenden, plastischen Ornamente der nicht-planen Profilleisten (Eierstab, Blattstab, Perlstab) weitaus genauer dargestellt und mit – wenn auch wenigen – Maßangaben versehen. Diese jedoch dürften ausgereicht für einen erfahrenen Zimmermann als Herstellungsgrundlage ausgereicht haben.

Mit Blick auf die sich aus den Bauunterlagen ergebende Arbeitsteilung in derfalegnami Fabbrica erscheinen die erwähnten Diskrepanzen in der Darstellungsgenauigkeit zwischen den einzelnen Ornamenten vor dem Hintergrund der Annahme nicht überraschend, der Zeichner habe zu den falegnami und nicht zu den Stukkateuren gehört.

 

 






Maßangaben (vom Grat zum Grund) p o ø Anmerkung










Breite des obersten Rahmenprofils 1 4 [—]





Höhe des obersten Rahmenprofils [—] 4 4





Querschnitt der Randleiste des Profils [—] 2 4





Höhe des Blatt-Karnieses [—] 4 5





Breite des Blatt-Motivs [—] 8 6





Höhe der folgenden Rechteckleiste [—] 1 5 1/2 ≤ 1,5 mm [sic!]





Höhe der folgenden Rechteckleiste [—] 1 9





Höhe des Eierstab-Profils [—] 5 5





Breite eines „Eies“ [—] 5 4





Abstand zwischen zwei „Eiern“ [—] 4 10





Höhe des folgenden Leisten-Profils [—] 2 6





 

93.1.4 Untersicht (Aufriss) eines Moduls der Deckenkassette

POSITIONlinkes unteres Blattviertel
TECHNIKin den Ornamenten freihändige, dünne Feder in hellem Braun, teilweise über Graphitvorzeichnungen; Lineal
NUMERIERUNG / POSITION: „161“ / unterhalb der Zeichnung am unteren Blattrand, 180°
MASSSTABaufgrund der wenigen und sehr kleinen Maßangaben nur ungefähr bestimmbar: 1 : 15
Kommentar: Die Darstellung zeigt in Orthogonalprojektion einen auf die wesentlichen Teile, d. h. ein sich wiederholendes Modul beschränkten, in die Ebene abgerollten Ausschnitt aus der Ansicht der Kassettendecke für die Kreuzarmtonnengewölbe: ein großes quadratisches Feld mit eingeschriebenem Oktogon, das an den Seiten von ebensolangen, aber schmaleren Rechtecken gesäumt wird, und ein kleineres Quadrat in der Diagonalen. Zwischen den vier Vierecken wird durch eine kreisförmige Rosette vermittelt, bei der es sich offenbar um eine Variation des Eierstabmotivs handelt. Das kleine Quadrat und die Rechtecke weisen dieselbe sparsame Profilierung auf (vgl. Kommentar zu [93.1.2]), während im großen Quadrat die schon in [93.1.3] wiedergegebenen Ornamente der Leisten gezeigt sind. Auch hier fehlt wieder eine entsprechend genaue Wiedergabe der Mittelrosette. Etwas destaillierter stellt der Zeichner den sich aus einem Kandelaber entwickelnden Feston dar, der die Stirnfläche des Rahmensystems verzieren soll. Die Zeichnung enthält nur einige wenige Maßangaben für die Breite einzelner Rahmenleisten im großen Quadrat, dessen im Übrigen nicht exakt quadratische Form der Zeichner mit diesen Maßen dokumentiert.

 

 

 





Maßangaben (vom Grat zum Grund) o ø Anmerkung








horiz. Abstand zwischen Achteck und Kassettenrahmen 4 [—] alle Werte < 1 palmo




vertik. Abstand zwischen Achteck und Kassettenrahmen 1 2




Abstand zwischen Achteck und Dreieckfeldern 1 5




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